Natürlichen Klimaschutz mit Moorschutz voranbringen

Dr. Franziska Tanneberger ist eine engagierte Fürsprecherin des Moorschutzes. Auf Landes-, Bundes- und internationaler Ebene setzt sich die Biologin und Leiterin des Greifswald Moor Centrums (GMC) im politischen Umfeld für die Integration des Moorschutzes als wichtigen Bestandteil des Klimaschutzes ein. Sie sucht den Austausch mit Landwirt*innen und Lösungen für die wirtschaftliche Nutzung wiedervernässter Moorflächen. Aber warum sind Moore eine Art Gamechanger im Klimaschutz?

Die Natur bietet einen effektiven Schutz vor den Auswirkungen der Klimakrise, indem sie durch die Fähigkeit, Kohlenstoff dauerhaft zu speichern, den globalen Temperaturanstieg verlangsamt. Im letzten Jahrzehnt nahmen terrestrische Ökosysteme und Ozeane weltweit 54 Prozent der von uns Menschen verursachten Emissionen dauerhaft auf. 31 Prozent davon absorbierten die Landlebensräume.

Wollen wir die Klimakrise aufhalten, müssen wir die Ökosysteme schützen und wiederherstellen, um ihre Fähigkeit als Kohlenstoffsenken aufrechtzuerhalten und zu stärken. Neben der klimaregulierenden Funktion fördern intakte Lebensräume aber auch die Biodiversität, verbessern die Luftqualität und mindern die Folgen von Wetterextremen und damit auch des Klimawandels ab. Der Ansatz, die natürlichen Ökosysteme zu nutzen, um den Klimawandel zu bekämpfen und die Resilienz von Ökosystemen zu stärken, bezeichnet man als „Naturbasierte Lösungen“ im Klimaschutz oder „Natürlichen Klimaschutz“.

Moore sind besonders effiziente Kohlenstoffspeicher

„Nasse Moore spielen beim natürlichen Klimaschutz eine besonders wichtige Rolle – als Kohlenstoffsenke und Wasserspeicher sowie für die Lebensvielfalt und die Regulierung des Nährstoffhaushalts“, sagt Umweltpreisträgerin Tanneberger. Moore sind besonders effiziente Kohlenstoffspeicher. Obwohl sie nur drei Prozent der globalen Landfläche ausmachen, speichern sie zweimal mehr Kohlenstoff als die gesamte Biomasse aller Wälder der Erde.

Wiedervernässung eine der wichtigsten Maßnahmen für den natürlichen Klimaschutz

Der größte Teil der Moore in Deutschland ist entwässert und wird land- und forstwirtschaftlich genutzt. Das führt zu hohen Treibhausgas (TGH)-Emissionen: Mit mehr als sieben Prozent jährlich emittieren trockengelegte Moore in Deutschland laut Umweltbundesamt so viel wie der gesamte Industriesektor. Im moorreichen Mecklenburg-Vorpommern sind es sogar
40 Prozent der gesamten Emissionen dieses Bundeslandes. Die Wiedervernässung der Moore ist eine der wichtigsten Maßnahmen für den natürlichen Klimaschutz in Deutschland und ein wichtiger Hebel für die Einhaltung der Klimaziele, zu denen Deutschland sich im Übereinkommen von Paris verpflichtet hat. Nur vier Prozent, ungefähr 70.000 Hektar, der ehemals trocken gelegten Moore sind bereits wiedervernässt.

Franziska Tanneberger macht auf der Klimakonferenz COP28 in Dubai (2023) auf die bedeutende Rolle der weltweiten Moorflächen für den globalen Klimaschutz aufmerksam. (Foto: Markus Große Ophoff / DBU)
Franziska Tanneberger macht auf der Klimakonferenz COP28 in Dubai (2023) auf die bedeutende Rolle der weltweiten Moorflächen für den globalen Klimaschutz aufmerksam.
© Markus Große Ophoff / DBU

„Als Moorforscher müssen wir rausgehen und aufklären“

Wiedervernässung heißt nicht das Ende der Landwirtschaft auf Moorflächen. Wissenschaft, Politik, Verwaltung und betroffene Landwirt*innen müssen Lösungen für eine land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftungsform auf wiedervernässten Böden finden. Franziska Tanneberger weiß, dass die Umstellung für landwirtschaftliche Betriebe eine große Herausforderung ist. Ihr Plädoyer ist, dass nasse Böden wieder einen wirtschaftlichen Wert bekommen, der sich auch in der Förderung beispielsweise von Paludikulturen widerspiegelt. Unter Paludikultur versteht man Landwirtschaft auf nassen Moorböden durch den Anbau alternativer Kulturen, wie zum Beispiel von Schilf oder Rohrkolben. Dafür müssen laut Tanneberger die Rahmenbedingungen verbessert und die Prozesse für Planungs- und Genehmigungsverfahren verschlankt und beschleunigt werden (siehe auch GMC Schriftreihe).

„Als Moorforscher müssen wir mit dem Thema Moorklimaschutz rausgehen und aufklären“, sagt Tanneberger. Die Wiedervernässung der Moore führen zu erheblichen wirtschaftlichen und sozio-kulturellen Änderungen. Die Anforderungen, die der Umstieg auf eine nasse Landwirtschaft mit sich bringt, vergleicht Tanneberger mit dem Kohleausstieg. Moorklimaschutz müsse daher von der Politik entsprechend ernst genommen und gefördert werden. Ob auf der Weltklimakonferenz oder dem Weltbiodiversitätsrat, ob bei Agrar-Politiker*innen in Brüssel und Bonn – Tanneberger und das Team vom Greifswald Moor Centrum sind weltweit unterwegs, um wissenschaftliche Erkenntnisse in Entscheidungsprozesse für den Moorklimaschutz einzubringen und damit zur Bekämpfung der Klimakrise beizutragen.

Aktionsprogramm der Bundesregierung zielt darauf ab, naturbasierte Lösungen zu fördern

Um die Ziele des nationalen Klimaschutzgesetzes doch noch zu erreichen, hat die Bundesregierung 2021 im Koalitionsvertrag das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) angekündigt und im März 2023 verabschiedet. Dieses Aktionsprogramm zielt darauf ab, naturbasierte Lösungen (natürlichen Klimaschutz) stärker zu fördern. Ein Schwerpunkt ist dabei die Förderung bei der Wiedervernässung von Mooren. Die DBU Naturerbe GmbH wird beispielsweise im Rahmen einer ANK-Förderung eine Machbarkeitsstudie erstellen. Die gemeinnützige Tochtergesellschaft der DBU erprobt und dokumentiert auf mehr als einem Dutzend der DBU-eigenen Naturschutzflächen des Nationalen Naturerbes, wie Natur- und Klimaschutz etwa bei Moorwiedervernässungen besser Hand in Hand gehen (NaturErbeKlima). Es besteht also die Hoffnung, dass damit ein richtiger Schritt in Richtung Wiedervernässung von Mooren erfolgen wird und Deutschland wie im Klimaschutzgesetzt vorgesehen, bis 2045 klimaneutral sein wird.

Im Video: Franziska Tanneberger über Rahmenbedingungen für mehr Moorschutz:

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Text: Ute Magiera

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