Kathrin Muus und Myriam Rapior werden bei der diesjährigen Verleihung des Deutschen Umweltpreises mit dem DBU-Ehrenpreis für ihr Engagement in der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) ausgezeichnet. Die beiden Frauen haben eine Vision einer ökologischen, sozial nachhaltigen sowie ökonomisch tragfähigen Agrarwirtschaft entworfen und so die Grabenkämpfe zwischen Umwelt und Landwirtschaft überwunden.
Vielfältige, mit Hecken und Blühstreifen gesäumte Gemüse- und Getreidefelder. Dazwischen immer wieder einst trockengelegte, nun feucht-blühende Moorflächen als natürliche Treibhausgasspeicher. Nach der Ernte werden das angebaute Obst, Gemüse und Getreide regional verarbeitet, um Transportwege kurz zu halten. Der Konsum tierischer Produkte ist gesunken und Nutztiere haben ausreichend Platz. Die Rolle von Landwirtinnen und Landwirten als Versorger mit gesunden Lebensmitteln ist gesellschaftlich hoch anerkannt und wird entsprechend finanziell entlohnt.
Eine Zukunft für die Landwirtschaft
Dieses Bild einer nachhaltigen und ökonomisch tragfähigen Landwirtschaft müsse Myriam Rapior und Kathrin Muus zufolge möglichst schnell Wirklichkeit werden. Denn durch unsere aktuellen Wirtschaftsweisen „sind Natur und Umwelt übernutzt und biologische Kreisläufe ausgereizt“, so Rapior. „Wir können aus ökologischen, tierethischen und ökonomischen Gründen nicht so weiter machen wie bisher.“ Die Landwirtschaft, die selbst etwa durch Dürreperioden oder Überschwemmungen stark von Klimaveränderungen betroffen ist, befeuert durch hohe Treibhausgasemissionen die Klimakrise. Um das zu ändern, „muss das Agrar- und Ernährungssystem so angelegt sein, dass landwirtschaftliche Höfe zu Klimaschützern werden“, führt Muus aus. „Die positive Wirkung sowie das Vermeiden schädlicher Effekte auf Klima, Umwelt, Tierwohl und auf die menschliche Gesundheit muss im unternehmerischen Interesse der Landwirtinnen und Landwirte liegen.“
„Umweltschützer und Landwirtinnen haben gegeneinander statt miteinander demonstriert“
Naturschutz und Landwirtschaft galten viele Jahren als unvereinbar. „Umweltschützer und Landwirtinnen haben lange mit Plakaten und Treckern gegeneinander demonstriert“, sagt Rapior, dabei seien die Forderungen ähnlich „und zwar eine funktionierende Landwirtschaft“. Als die Kontroversen zwischen Umweltschutz und Landwirtschaft 2019 zu eskalieren drohten, berief die damalige Bundesregierung im Juli 2020 die Zukunftskommission Landwirtschaft. „Die ZKL bestand aus 30 Mitgliedern aus Landwirtschaft, Umwelt- und Verbraucherschutz, Wirtschaft und Wissenschaft“, so Rapior. Zusammen sollten Empfehlungen für eine Transformation der Landwirtschaft erarbeitet und Lösungsvorschläge für ökologische wie sozial-ökonomische Probleme des Agrar- und Ernährungssystems entwickelt werden. Eine fundamentale Aufgabe zu ungünstigem Zeitpunkt: „Die ZKL wurde berufen als die vorherige Bundesregierung kurz vor dem Ende stand“, erinnert sich Rapior. „Die Kommission war so eigentlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Was die Gremiumsmitglieder dann daraus gemacht haben, hätte keiner erwartet.“
Gemeinsames Zukunftsbild als Leitlinie für Gremiumsarbeit
An der zukunftsweisenden Arbeit der Kommission tragen die beiden Ehrenpreisträgerinnen einen wesentlichen Anteil. Als Jugendvertreterinnen vom Bund der Deutschen Landjugend und der BUNDjugend entwickelten sie für die ZKL ein mit ihren Verbänden abgestimmtes Bild einer nachhaltigen Agrarwirtschaft, das die Bedürfnisse von Landwirten, Verbraucherinnen, Natur und Umwelt verbindet. „Bei unseren Diskussionen sind wir offen aufeinander zugegangen, haben die andere ausreden lassen, zugehört und Gemeinsamkeiten hervorgehoben. Wir bemerkten schließlich, dass wir durch den Austausch zu besseren Lösungen kommen“, so Muus. Das gemeinsame Zukunftsbild der Ehrenpreisträgerinnen wurde als Leitlinie für die weitere Arbeit der ZKL übernommen. Darüber hinaus hat sich die lösungsorientierte Herangehensweise in der gesamten Kommission durchgesetzt und den Abschlussbericht als wirkliche Innovation in der gesamtgesellschaftlichen Diskussion über das Landwirtschafts- und Ernährungssystem erst ermöglicht.
Optimistisch in die Zukunft
Auch nach dem Ende der Zukunftskommission Landwirtschaft 2021 haben Muus und Rapior die Botschaften immer wieder in gesellschaftliche und politische Diskussionen gebracht. Die beiden Frauen bemerken zudem einen Wandel in der Gesprächskultur: „Die Bereitschaft zum Zuhören und die Erkenntnis, dass sich etwas zugunsten der Landwirtschaft und des Umweltschutzes ändern muss – das gab es vorher nicht“, so Muus. Die Ehrenpreisträgerinnen blicken daher optimistisch in die Zukunft. „Die Auszeichnung ist etwas ganz Besonderes für uns und zeigt, wie wichtig die Gremiumsarbeit war“, so Rapior und Muus. „Setzen wir die Forderungen der ZKL um, können landwirtschaftliche Betriebe zu richtigen Klimaschützern werden, für die sich Umweltschutz auch noch ökonomisch lohnt.“
Rapior und Muus mit Professor Niklas-Medaille geehrt
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat Myriam Rapior und Kathrin Muus sowie den ZKL-Vorsitzenden Prof. Dr. Peter Strohschneider jetzt für ihre herausragenden Verdienste in der Zukunftskommission mit der Professor Niklas-Medaille geehrt. Sie ist die höchste Auszeichnung des BMEL und wird an Personen verliehen, die sich in hervorragender Weise um die Ernährungs-, Land- und Forstwirtschaft oder das Wohl der in diesen Bereichen tätigen Menschen verdient gemacht haben. „Man kann Kathrin Muus, Myriam Rapior und Peter Strohschneider nicht hoch genug anrechnen, was sie in der ZKL für die krisenfeste Zukunft der Landwirtschaft geleistet haben“, begründete Bundesminister Cem Özdemir die Wahl.
Text: Wiebke Lenz, Titelbild: DAPA Images_Canva