DBUgoesBrussels

„Green Deal für Textilien: Warum die Circular Economy in Mode kommen muss“

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), mit einem Stiftungskapital von rund 2,4 Milliarden Euro eine der größten Umweltstiftungen Europas, setzt ihre Reihe „DBUgoesBrussels“ mit einer Veranstaltung zur Textilindustrie und deren weitreichenden globalen Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Ressourcen fort. Die Branche zählt zu den weltgrößten Wirtschaftszweigen – und bietet dementsprechend zugleich einen mächtigen Hebel, um den Kampf gegen Klima- und Artenkrise erfolgreich zu meistern und nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen: die Circular Economy, also eine umfassende Kreislaufwirtschaft – angefangen bereits beim Produktdesign über Müllvermeidung, Wiederverwenden und Wiederverwerten bis hin zum Teilen, Recyceln und Reparieren.

In Kooperation mit der Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union (EU) in Brüssel lädt die DBU gemeinsam mit dem Bayerischen Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, Thorsten Glauber, zu einer Abendveranstaltung ein, die sich diesem weltumspannenden Industriesektor widmet: „Green Deal für Textilien: Warum die Circular Economy in Mode kommen muss“. Dabei soll es nicht allein um ökonomische Fragen gehen. Mindestens ebenso wichtig: die sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit und der Respekt von Menschen- und Arbeitsrechten. Wie sehr das notwendig ist, ruft ein Gedenktag in Erinnerung: Am 24. April 2013 starben bei einem der schwerwiegendsten Unfälle in der internationalen Textilindustrie mehr als 1000 Menschen durch den Einsturz der achtstöckigen Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch.

Als Keynote-Speaker (per Videobotschaft) wird der EU-Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei, Virginijus Sinkevičius, die Herausforderungen, Aufgaben und Strategien einer nachhaltigen Textilindustrie erläutern. Der Umwelt-Kommissar hat maßgeblich den EU-Kampagnenstart Ende Januar dieses Jahres vorangetrieben: „ReSet the Trend – #ReFashionNow: Make fast fashion out of fashion!“. Auch die EU-Kampagne legt einen Schwerpunkt auf Menschenrechte in der gesamten Wertschöpfungskette. Zur Sprache bringen dürfte der Umwelt-Kommissar auch die Ende März 2022 beschlossene EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien, mit der bis 2030 ein neues nachhaltiges Ökosystem für Textilien etabliert werden soll. Neben Sinkevičius werden der Bayerische Staatsminister Glauber (per Videobotschaft) sowie DBU-Generalsekretär Alexander Bonde Ein- und Ausblicke zum Thema liefern. Im Anschluss an Keynote und Impulsvorträge folgt eine Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern des EU-Parlaments, der Kommission sowie aus Wirtschaft und Wissenschaft.

Wir laden Sie herzlich ein, bei dieser spannenden Debatte dabei zu sein!

ORT: Vertretung des Freistaates Bayern bei der EU, Rue Wiertz 77, 1000 Brüssel
ZEIT: Donnerstag, 25. Mai 2023, 18:30 bis 22 Uhr

Einlass und Registrierung ab 18 Uhr
ANMELDUNG: Bis zum 17. Mai 2023 hier anmelden

Die Veranstaltung wird simultan übersetzt in Deutsch und Englisch.

Zum Hintergrund:

Textilien sind ständige Begleiter unseres Lebens – von Kleidung und Schuhen über Medizin- und Schutzausrüstung bis hin zu Möbeln, Gebäuden und Fahrzeugen. Sie sind unerlässlich, um sich gegen Kälte, Regen, Sonne und Wind zu wappnen. Aber sie spielen auch eine erhebliche Rolle als Mode-Kategorie: Die Devise „Kleider machen Leute“ gilt heute mehr denn je. Fast Fashion ist weltweit zu einem Phänomen geworden – also die Massenproduktion von Billig-Textilien und die damit oft einhergehende Wegwerfmentalität.

Den hohen Preis für diese Entwicklung zahlen Umwelt, Klima, der Planet insgesamt. Und die Millionen Beschäftigten in Billiglohnländern vor allem in Asien, die unter teils menschenverachtenden Bedingungen Ware für den Export an Bekleidungsketten auch in Europa fabrizieren, wo Kleidung und Schuhe zu Niedrigstkosten feilgeboten werden.

Zu welchen Auswüchsen es bereits gekommen ist, ruft ein Gedenktag in Erinnerung: Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren, am 24. April 2013, starben bei einem der schwerwiegendsten Unfälle in der internationalen Textilindustrie mehr als 1000 Menschen durch den Einsturz der achtstöckigen Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch. Sie hatte in internationaler Massenfertigung vor allem Kleidung für den Export unter anderem für europäische Modefirmen produziert. Das Unglück löste seinerzeit eine weltweite Debatte über Arbeitsbedingungen und Missstände in der Textilindustrie aus: neben unzulänglichen Gebäuden besonders die unterdurchschnittlichen Löhne, zu lange Arbeitstage, fehlender Brandschutz und ungeschützter Umgang mit Chemikalien.

Die globalen Auswirkungen der Textilproduktion auf die Umwelt sind gravierend. Die Europäische Union (EU) geht davon aus, dass fast sechs Millionen Tonnen Textilien weggeworfen werden. Jedes Jahr und allein in der EU. Pro Person sind das in der EU rund 11,3 Kilogramm jährlich. Die ganze Dramatik des Textilmülls spiegelt sich in dieser Zahl: Nach EU-Angaben wird weltweit jede Sekunde eine Lkw-Ladung Textilien auf Deponien abgelagert oder verbrannt. Global hat sich die Textilproduktion zwischen 2000 und 2015 fast verdoppelt. Und: Der Verbrauch von Bekleidung und Schuhen wird bis 2030 voraussichtlich um rund 63 Prozent ansteigen. Im Vergleich dazu ist die Recyclingrate verschwindend gering: Laut EU wird weltweit lediglich ein Prozent des für die Kleidungproduktion verwendeten Materials für neue Kleidung recycelt.

Nach Berechnungen der EU-Umweltagentur EEA legt sich jede EU-Bürgerin und jeder EU-Bürger pro Jahr im Durchschnitt etwa 15 Kilogramm an Bekleidung und anderen Textilien zu. Dieser Verbrauch impliziert pro Person rund 391 Kilogramm Rohstoffe, neun Kubikmeter Wasser, die Nutzung von ungefähr 400 Quadratmetern Landfläche und Emissionen von etwa 270 Kilogramm klimaschädlichem Treibhausgas Kohlendioxid (CO2). Der auch durch Fast Fashion befeuerte hohe Kleidungskonsum zählt demnach zu den drei Hauptursachen für Wasser- und Landverbrauch.

Der Handlungsbedarf in der Textilbranche für mehr Klima-, Arten- und Umweltschutz ist also riesig. Als eine der weltgrößten Wirtschaftszweige bietet sie allerdings ein enormes Potenzial für den höheren Schutz eines zukunftsfähigen Planeten. Ein entscheidender Schlüssel für diesen Weg könnte die Circular Economy sein – die umfassende Kreislaufwirtschaft. Nachhaltige Veränderungen im Textil-Sektor ziehen weitgehende Verbesserungen von Wasser, Böden, Luft und Klima nach sich. Und für die Menschen- und Arbeitsrechte der Beschäftigten. Weltweit sind es 60 Millionen Menschen. In der EU arbeiten mehr als 1,5 Millionen Frauen und Männer in über 160.000 Unternehmen in der Textilbranche und sorgen dort für einen Jahres-Gesamtumsatz von etwa 162 Milliarden Euro.

Die Ambitionen auf EU- und nationaler Ebene beim Klima- und Umweltschutz sind hoch: Die EU-Kommission legte Ende 2019 mit dem europäischen Grünen Deal den Grundstein. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach in Anspielung auf die Mondlandung in den 1960er-Jahren von Europas „Mann auf dem Mond-Moment“: Die EU will bis 2050 klimaneutral werden, also nicht mehr Treibhausgase (THG) ausstoßen, als wieder gebunden werden können. Teil des „Green Deal“ ist das „Fit for 55“-Paket von 2021, das die Maßnahmen sogar noch verschärfte: Bis 2030 sollen die THG-Emissionen im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent gesenkt werden – statt ursprünglich vorgesehen um 40 Prozent. Bis 2030 will die EU rund eine Billion Euro für entsprechende Vorhaben investieren, um globaler Vorreiter beim Klimaschutz und zugleich zum Wachstumsmotor zu werden – mit einer ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Enorm viel hängt dabei vom Textilsektor ab.

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt mit Sitz in Osnabrück verfügt über ein Stiftungskapital von rund 2,4 Milliarden Euro und hat in den 30 Jahren ihres Bestehens mehr als 10.600 Projekte mit fast zwei Milliarden Euro gefördert. Zum Zuge kommen dabei innovative Umwelt-, Natur- und Ressourcenschutzprojekte mit besonderem Fokus auf Vorhaben der mittelständischen Wirtschaft. Die DBU zählt zu den größten Umweltstiftungen Europas. Aus DBU-Sicht ist die Circular Economy eine entscheidende Stellschraube bei der nachhaltigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Die Stiftung hat daher eigens mit #DBUcirconomy eine Zukunfts-Initiative ins Leben gerufen. Ein Ziel: die bisher betriebene Linearwirtschaft des „take-make-waste“ (verwenden, verwerten und wegwerfen) von Rohstoffen und Ressourcen durch eine umfassende Kreislaufwirtschaft des „reduce-reuse-recycle“ (reduzieren, wiederverwenden, recyceln) zu ersetzen.

English version:

„Green Deal for Textiles: Why Circular Economy Must Become Fashionable“

The German Federal Environmental Foundation (Deutsche Bundesstiftung Umwelt, DBU), one of Europe’s largest environmental foundations with an endowment of around 2.4 billion euros, is continuing its „DBUgoesBrussels“ series with an event on the textile industry and its far-reaching global impacts on climate, environment and resources. The industry is one of the world’s largest economic sectors – and accordingly also offers a powerful lever for successfully mastering the fight against climate and species crises and enabling the oncoming generations to have a future worth living: the circular economy – starting with product design, through waste avoidance, reuse and recycling, to sharing, recycling and repairing.

In cooperation with the Representation of the Free State of Bavaria to the European Union (EU) in Brussels, the DBU, together with the Bavarian State Minister of the Environment and Consumer Protection, Thorsten Glauber, invites you to an evening event dedicated to this global industrial sector: „Green Deal for Textiles: Why the Circular Economy Must Become Fashionable“. The focus will not only be on economic issues. At least as important: the social aspects of sustainability and respect for human and labour rights. A day of remembrance reminds us just how necessary this is: Ten years ago, on 24 April 2013, more than 1,000 people died in one of the most serious accidents in the international textile industry when the eight-storey Rana Plaza textile factory in Bangladesh collapsed.

As keynote speaker (via video message), the EU Commissioner for Environment, Oceans and Fisheries, Virginijus Sinkevičius, will explain the challenges, tasks and strategies of a sustainable textile industry. The Environment Commissioner was instrumental in driving the EU campaign launch at the end of January this year: „ReSet the Trend – #ReFashionNow: Make fast fashion out of fashion!“. The EU campaign places a special emphasis on human rights throughout the value chain. The Environment Commissioner is also expected to bring up the EU Strategy for Sustainable and Circular Textiles adopted at the end of March 2022, which aims to establish a new sustainable ecosystem for textiles by 2030. In addition to Sinkevičius, Bavarian State Minister Thorsten Glauber and DBU Secretary General Alexander Bonde will provide insights and outlooks on the topic. The keynote and keynote speeches will be followed by a panel discussion with representatives of the EU Parliament, the Commission, business and science.

We cordially invite you to join us for this exciting debate.

LOCATION: Representation of the Free State of Bavaria to the EU, Rue Wiertz 77, 1000 Brussels
TIME: Thursday, 25 May 2023, 6:30 p.m. to 10 p.m. (Admission and Registration from 6:00 p.m.)
REGISTRATION: Register here until 17 May 2023

The event will be simultaneously translated into German and English.

Background:

Textiles are constant companions in our daily lives – from clothing and shoes to medical and protective equipment, furniture, buildings and vehicles. They are essential for armouring ourselves against cold, rain, sun and wind. But they also play a considerable role as a fashion category. Especially fast fashion has become a worldwide phenomenon – i. e. the mass production of cheap textiles and the throwaway mentality that often accompanies it.

The environment, the climate and the planet as a whole pay the high price for this development. And, of course, the millions of workers in low-wage countries, especially in Asia, who produce goods under inhumane conditions for export to textile chains in Europe and elsewhere, where clothes and shoes are sold at rock-bottom prices.

A day of remembrance reminds us of the excesses that have already occurred: almost ten years ago, on 24 April 2013, more than 1000 people died in one of the most serious accidents in the international textile industry when the eight-storey Rana Plaza textile factory in Bangladesh collapsed. It had been producing clothing in international mass production, mainly for export, among others for European fashion companies. At the time, the disaster triggered a worldwide debate on working conditions and grievances in the textile industry: in addition to inadequate buildings, especially below-average wages, excessively long working days, lack of fire protection and unprotected handling of chemicals.

The global impact of textile production on the environment is serious. The European Union (EU) estimates that almost six million tonnes of textiles are thrown away. Every year and in the EU alone. That’s about 11.3 kilograms per person per year. The full drama of textile waste is reflected in this figure: according to the EU, one truckload of textiles is dumped in landfills or incinerated every second worldwide. Globally, textile production almost doubled between 2000 and 2015. Consumption of clothing and footwear is expected to increase by around 63 per cent by 2030. In comparison, the recycling rate is minuscule: according to the EU, only one percent of the material used for clothing production is recycled for new clothing worldwide.

According to calculations by the EU environmental agency EEA, each EU citizen consumes about 15 kilograms of clothing and other textiles per year. This consumption implies per person about 391 kilograms of raw materials, nine cubic metres of water, the use of about 400 square metres of land and emissions of about 270 kilograms of the climate-damaging greenhouse gas carbon dioxide (CO2). The high consumption of clothing, also fuelled by the so called fast fashion phenomen, is thus one of the three main causes of water and land consumption.

The need for action in the textile industry for more climate, species and environmental protection is therefore huge. However, as one of the world’s largest industries, it offers enormous potential for greater protection of a sustainable planet. A decisive key for this path could be the Circular Economy. Sustainable changes in the textile sector entail far-reaching improvements in water, soil, air and climate. And, of course, for the human and labour rights of the workers. There are 60 million people worldwide. In the EU, more than 1.5 million women and men work in over 160,000 companies in the textile sector, generating a total annual turnover of around 162 billion euros.

Ambitions at EU and national level for climate and environmental protection are high: the EU Commission laid the foundation at the end of 2019 with the European Green Deal. The President of the European Commission Ursula von der Leyen spoke of Europe’s „man on the moon moment“, alluding to the moon landing in the 1960s: the EU wants to become climate neutral by 2050, i.e. not emit more greenhouse gases (GHG) than can be recaptured. Part of the „Green Deal“ is the „Fit for 55“ package of 2021, which even tightened the measures: By 2030, GHG emissions are to be reduced by 55 percent compared to 1990 – instead of the 40 percent originally planned. By 2030, the EU wants to invest around one trillion euros in corresponding projects in order to become a global pioneer in climate protection and at the same time an engine of growth – with a resource-efficient and competitive economy. An enormous amount depends on the textile sector.

The German Federal Environmental Foundation (Deutsche Bundesstiftung Umwelt, DBU), based in Osnabrück, has an endowment capital of around 2.4 billion euros and has funded more than 10,600 projects with almost two billion euros in the 30 years of its existence. It supports innovative environmental, nature conservation and resource protection projects with a special focus on projects in small and medium-sized enterprises. The DBU is one of the largest environmental foundations in Europe. From the DBU’s point of view, the circular economy is a decisive factor in the sustainable transformation of the economy and society. The foundation has therefore launched a special future initiative called #DBUcirconomy. One goal is to replace the current linear economy of „take-make-waste“ of raw materials and resources with a comprehensive circular economy of „reduce-reuse-recycle“.