Gebirgsökosysteme und ihre Bewohner sind in Zeiten von Klimaerwärmung, Intensivierung der menschlichen Nutzung und Biodiversitätsverlust einem starkem Belastungsdruck ausgesetzt, effektive Schutzmaßnahmen sind allerdings für viele Tiergruppen oft nur mangelhaft bis gar nicht vorhanden. Eine dieser Gruppen sind die Spinnen, die trotz ihrer hohen Diversität und wichtigen Schlüsselrolle als Arthropodenräuber und ganzjährig stabile Futterquelle für viele Vertebraten in allen terrestrischen Ökosystemen, im Naturschutz, verglichen mit jenen Wirbeltieren und vielen Insektenordnungen, stark unterrepräsentiert sind. Durch meine Promotionsarbeit sollen wichtige Umweltfaktoren, namentlich abiotische und biotische Habitateinflüsse, anthropogene Einflüsse und die Rolle von Nahrungsressourcen für mitteleuropäische Spinnen in Gebirgsökosystemen im Nationalpark Berchtesgaden erfasst und deren Relevanz für den angewandten Naturschutz evaluiert werden, um in Zukunft für Spinnen signifikante Habitate und Ressourcen besser schützen zu können und um das Wissen über wichtige Diversitätstreiber für Spinnen im alpinen und montanem Raum zu verstehen.
Um das Ziel des effektiven, angewandten Spinnenschutzes zu erreichen, werden folgende Ansätze verfolgt: Zum einen werden die Spinnen aus einer bereits im Jahr 2021 im Nationalpark Berchtesgaden erfolgten, umfassenden Beprobung von 213 Flächen in allen relevanten Habitaten ausgewertet, um den Einfluss von mikro- und makroklimatischen Umweltvariablen wie Temperatur, Feuchtigkeit und Vegetationsstruktur über den gesamten Höhengradienten auf die Spinnendiversität zu untersuchen. Außerdem werden auf jeweils 20 Flächen in den Jahren 2025 und 2026 die menschlichen Einflüsse im Nationalpark in Form von Beweidung und Erholungsnutzung auf die heimische Spinnenfauna durch Beprobung mit Barberfallen und Transektgängen untersucht. Auf denselben Flächen wird zusätzlich das Nahrungsspektrum von funktionell unterschiedlichen Spinnenarten durch Metabarcoding ihres Darminhalts untersucht, um die Verfügbarkeit und Vielfältigkeit von Nahrungsressourcen in verschiedenen Höhenstufen für die Spinnengemeinschaft offenzulegen. Aus diesen Erkenntnissen können angewandte Konzepte zum Schutz von sowohl besonders gefährdeten Spinnenarten als auch von der einzigartigen alpinen Spinnenfauna erarbeitet werden. Dies kann vom Schutz hochdiverser Lebensraumtypen über die Koexistenz mit dem Menschen durch extensive Beweidung und die Natur schonenden Tourismus bis zum Schutz gezielter Beutetiere reichen, anwendbar im makroklimatischen Gradienten sowohl in Tal- als auch Gipfelhabitaten. Durch die Implementierung solcher Schutzmaßnahmen profitieren sowohl die Spinnen als auch viele ihrer in der Nahrungskette und im Naturschutz höher gestellten Räuber wie seltene Amphibien-, Reptilien- und Vogelarten.