Promotionsstipendium: David Tavenor Nash

Adaptive Materialien für die energieeffiziente Trinkwassergewinnung durch Vorwärtsosmose: Thermoreversibel gelierende Polyelektrolyte als wasserziehende osmotische Treibstoffe

Aktuell leidet fast die Hälfte der Weltbevölkerung unter starker Wasserknappheit. Besonders in einkommensschwachen Ländern Asiens und Afrikas ist der Zugang zu sauberem Trinkwasser begrenzt, aber auch in Industrienationen wie Deutschland steigt im Zuge des Klimawandels die Nachfrage nach Süßwasser während längerer Trockenperioden. Gleichzeitig sinken in einigen Regionen die Grundwasserspiegel, was die Wasserversorgung vor allem in agrarwirtschaftlich geprägten Gebieten zusätzlich belastet. Dieser Umstand erfordert die Entwicklung energieeffizienter und dezentral einsetzbarer Verfahren zur Wasseraufbereitung und Meerwasserentsalzung, um eine nachhaltige Versorgung zu gewährleisten und ressourcenbedingte Konflikte zu vermeiden.

Das hier vorgestellte Projekt hat zum Ziel, das etablierte aber aktuell nicht-kompetitive Verfahren der Vorwärtsosmose durch die Erforschung neuartiger, adaptiver Materialien wettbewerbsfähig und effizient zu machen. Dazu sollen Polyelektrolyt-basierte Materialien als wasserziehende „osmotische Treibstoffe“ entwickelt werden, die sich einfach vom aufgereinigten Wasser abtrennen lassen. Der vorgeschlagene Prozess soll durch die Nutzung klimafreundlicher Energieformen wie Sonnenwärme oder Industrieabwärme energieeffizienter werden als die herkömmlichen Verfahren, Umkehrosmose oder Destillation. Während die Forschung zur Vorwärtsosmose bisher hauptsächlich ingenieurwissenschaftlich getrieben war und dabei vornehmlich auf kommerziell erhältliche wasserziehende osmotische Treibstoffe setzte, liegt der Schwerpunkt dieses Projekts auf der chemischen Entwicklung adaptiver, thermoreversibel gelierender Polyelektrolyte. Diese haben das Potential, bestehende Probleme der Vorwärtsosmose wie niedrige Flussraten, die energieintensive Abtrennung des Treibstoffs vom aufgereinigten Trinkwasser und die geringe Zyklenstabilität bisheriger Treibstoffe, zu überwinden. Thermoschaltbare Polyelektrolyte sind unterhalb einer bestimmten Temperatur – ihrer sogenannten Schalttemperatur – gut wasserlöslich und erhöhen den osmotischen Druck entsprechend ihrer Teilchenzahl, sodass sie Wasser durch eine salzundurchlässige Membran ziehen und dadurch entsalzen können. Bei entsprechendem chemischen Design genügt bereits eine geringe Temperaturerhöhung, um die Polyelektrolyte oberhalb ihrer Schalttemperatur in Wasser reversibel zu dehydratisieren. Dadurch wird ein Gelieren und Kollabieren des entstehenden Hydrogels induziert, wobei es zur vollständigen Phasenseparation kommt und das zuvor aufgenommene Wasser in Reinform abgeben wird. Der reversible Prozess erlaubt in Kombination mit Solarwärme eine kontinuierliche Trinkwasserproduktion ohne externe Energieversorgung. Bei Verwendung geeigneter Membranen können so auch Industrieabwässer aufgereinigt werden, wobei die benötigte Wärme durch Nutzbarmachung von Abwärme der Industrieanlage bezogen werden kann.

AZ: 20024/046

Zeitraum

01.01.2025 - 31.12.2027

Institut

Leibniz-Universität Hannover Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie

Betreuer

Prof. Dr. Marie Weinhart