Die geplante Forschungsarbeit beschäftigt sich mit der für die Transformationsforschung zentralen Frage, wie das Fördern und Schaffen von nachhaltigen Nischen zu einer großen Transformation des Gesamtsystems skaliert werden kann. Dabei soll nicht, wie bisher in der Forschung, nur ein einzelner Sektor betrachtet werden, sondern die sektorübergreifende systemische Transformation.
Als Untersuchungsrahmen erwiesen sich Städte als besonders geeignet. Diese bieten einen kleinen und überschaubaren, aber dennoch hinreichend komplexen Systemrahmen, um relevante systemische Schlüsse ziehen zu können. Sie haben großes experimentelles Potenzial für Szenarien einer gesellschaftlichen Transformation und erfüllen unter der Mehrebenenperspektive eine doppelte Rolle: Zum einen können Sie als System betrachtet werden, dessen Transformation hin zur Klimaneutralität von den Nischen innerhalb der Stadt zum urbanen Gesamtsystem nachvollzogen werden kann; auf der anderen Seite sind sie selbst wiederum Nischen in einem größeren Gesamtsystem.
Betrachtet werden ausgewählte Städte der EU-Mission “100 klimaneutrale und intelligente Städte“. Diese sollen als Pilotstädte bis 2030 klimaneutral werden und dabei eine Vorreiterrolle für alle weiteren europäischen Städte einnehmen, wichtige Innovationen schaffen und Experimentierräume für Maßnahmen und Prozesse sein. Dadurch, dass sie sich dem gleichen Ziel innerhalb des gleichen Zeithorizonts verschrieben haben, bieten sich hier ideale Vergleichsbedingungen. Für das Forschungsvorhaben sollen drei der folgenden teilnehmenden deutschen Städte als Untersuchungsgegenstand ausgewählt werden: Mannheim, München, Frankfurt/Main, Leipzig, Dortmund, Dresden, Münster, Aachen und Heidelberg.
Die zentrale Forschungsfrage der geplanten Arbeit lautet:
„Was sind die Gelingensfaktoren für eine Transformation hin zur klimaneutralen Stadt und wie kann darauf aufbauend aus der „städtischen Nische“ Mainstream werden?“
Dabei ist das zentrale Erkenntnisinteresse, welche Strategien und Maßnahmen maßgeblich zu einem Gelingen der Transformation im Sinne einer Skalierung und Verknüpfung einzelner Innovationen beitragen und welche nicht und was die Gründe für Erfolg oder Scheitern sind.
Zur Beantwortung der Forschungsfrage soll zunächst analysiert werden, welche Maßnahmen die Städte ergreifen, um klimaneutral zu werden und wie der Umsetzungsprozess hin zur klimaneutralen Stadt erfolgreich gestaltet werden kann. Dabei sollen insbesondere die Aspekte Visionsentwicklung, Maßnahmen und Umsetzungsplanung, Governance der Beteiligung sowie Kommunikation und Bewerbung in den Blick genommen werden.
In einem zweiten Schritt soll der Prozess der Skalierung im Fokus stehen und die in den Maßnahmen angelegten Wege der Dissemination, des Transfer und der Skalierung analysiert werden.
Für die Bewertung der Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen soll zum einen überprüft werden, ob die realisierten Emissionsreduktionen den formulierten bzw. projizierten Einsparzielen auf dem Reduktionspfad hin zur Klimaneutralität entsprechen und zum anderen, ob es im Sinne einer sozio-technischen Transformation auch zu einem Kulturwandel, also einer Anpassung von Einstellungen, Denkmustern und Handlungsroutinen kommt.
Die Untersuchung soll mit Hilfe eines Mixed-Methods-Ansatzes erfolgen:
Im Rahmen einer vergleichenden Fallstudie erfolgt eine qualitative Dokumentenanalyse der ausformulierten Vorhaben (Klima-Stadtverträge) sowie der zur Verfügung stehenden Prozessdokumentationen. Weiterhin sollen ergänzend Experteninterviews durchgeführt werden mit den Verantwortlichen in den Stadtverwaltungen sowie mit zentralen Personen von Interessensverbänden, Wirtschaftsvertretern und weiteren im Aushandlungs- und Gestaltungsprozess besonders aktiven Personen. Mittels einer standardisierten Online-Befragung soll ein möglicher Kulturwandel erfasst werden. Zur Kontrolle der Emissionsreduktionen soll auf die erhobenen Kennzahlen der untersuchten Städte zurückgegriffen werden.