Promotionsstipendium: Karola Plümpe

Neuartiger Provenienztest am Beispiel der Baumart Castanea sativa Mill. im Keimungs- und Etablierungsstadium und Entwicklung eines modellhaften Ansatzes zur Vorauswahl vielversprechender Provenienzen im Klimawandel

Ziel des Forschungsvorhabens ist die Entwicklung eines neuartigen Provenienztests sowie eines modellhaften Ansatzes zur Auswahl vielversprechender forstlicher Herkünfte im Klimawandel am Beispiel der Baumart Esskastanie (Castanea sativa Mill.). Die Geschwindigkeit der anthropogenen Klimaänderungen macht eine ähnlich schnelle Anpassung der Wälder ohne menschliches Eingreifen unrealistisch (Aitken et al. 2007, Loarie et al. 2009, Pedlar et al. 2012, Hamann et al. 2015). Mitunter rücken thermophile Baumarten aus trockeneren Naturräumen zunehmend in den Fokus der Diskussion um den Aufbau klimaresilienter Wälder (Thom et al. 2017, Thurm et al. 2018, Kölling & Mette 2022). Dabei sollte die Suche nach geeigneten Alternativen nicht auf die Artenebene beschränkt bleiben: Insbesondere wenn über eine weite geographische Fläche und klimatische Amplitude voneinander differenzierte Ökotypen einer Art existieren, die sich in Anpassung an die vorherrschenden Umweltbedingungen entwickelt haben, kann die gezielte Einbringung bestimmter Provenienzen ein probates Mittel sein, um negative Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder abzumildern (Aitken 2008, Sgrò et al. 2011).

Die Esskastanie wird vielfach als geeignete Baumart im Klimawandel artikuliert (Kölling 2007, Bachmann et al. 2009, Schmiedinger et al. 2009, Thurm et al. 2018, Thurm & Heitz 2018, Lüpke et al. 2018, Liesebach et al. 2021, Avila et al. 2021, Kölling & Mette 2022, Asche & Stromberg 2023). Sie ist eine in Deutschland bislang seltene Baumart, die aber als Archäophyt gilt (Aas 2018, Liesebach et al 2019). Die Ursprungsorte der Vorkommen in Deutschland sind in der Regel unbekannt (Schiffer 2002, Schmiedinger et al. 2009, BLE 2022). Anzunehmen ist, dass diese oft von ehemaligen Kulturformen abstammen (Faust & Fussi 2018). Gleichzeitig geht aus der Literatur hervor, dass innerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets der Esskastanie mehrere Ökotypen unterschieden werden können, die unter sehr verschiedenen Klimabedingungen vorkommen (Bottacci 1998, Míguez-Soto et al. 2019, Alcaide et al. 2019, Castellana et al. 2021) . Vor diesem Hintergrund besteht eine Wissenslücke bezüglich der Frage, welche Herkünfte für den Anbau in Deutschland besser geeignet sind als andere.

Herkömmliche Herkunftsversuche testen eine Vielzahl von Herkünften auf einer Vielzahl von Standorten über mindestens ein Jahrzehnt. Die Vorauswahl von Herkünften soll mithilfe eines systematischen Ansatzes rationalisiert und die Testphase durch die gezielte Untersuchung der Keimungs- und Etablierungsphase abgekürzt werden. Der Fokus auf die frühe Lebensphase erlaubt den Einbezug einer großen Stichprobe auf verhältnismäßig kleiner Fläche sowie statistisch auswertbare Ergebnisse schon nach ein bis zwei Vegetationsperioden. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass diese sensibelste Phase im Lebenszyklus eines Baums das höchste Mortalitätsrisiko abbildet, gleichzeitig im Rahmen eines naturnahen Waldbaus unbedingt das Potential zur Naturverjüngung gegeben sein sollte. Die prinzipielle Möglichkeit bereits in jungen Stadien anhand bestimmter Merkmale Rückschlüsse auf das Wuchsverhalten in späteren Stadien ziehen zukönnen, ist von Frühtests bekannt.

Im vorliegenden Forschungsvorhaben sollen insbesondere drei bis vier autochthone, aber auch ein bis zwei nicht-autochthone Herkünfte der Esskastanie in einem Feldexperiment entlang eines Klimagradienten sowie in einem Gewächshausexperiment untersucht werden. Dem Vorhaben liegen folgende Forschungsfragen zugrunde:

  1. Unterscheiden sich die Herkünfte hinsichtlich Wachstum und Vitalität?
    • Liegt eine Interaktion vor zwischen Herkunft und Substratfeuchte, mit Blick auf morphologische und physiologische Pflanzenmerkmale? (Gewächshausversuch)
    • Liegt eine Interaktion vor zwischen Herkunft und Klimavariablen des Standorts, mit Blick auf morphologische Pflanzenmerkmale? (Feldversuch)
  2. Können wachstums-/vitalitätsrelevante Merkmale anhand der klimatischen Differenz zwischen Zielort und Ursprungsort einer Herkunft vorhergesagt werden? (Feldversuch)
  3. Rechtfertigen die Analyseergebnisse eine Verallgemeinerung zur modellhaften Vorauswahl vielversprechender Provenienzen allein auf Basis der klimatischen Differenz, ohne diese vorher am Zielort zu testen?

AZ: 20024/016

Zeitraum

01.08.2024 - 31.07.2027

Institut

Technische Universität München (TUM) Department für Life Science Systems

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Betreuer

Dr. Dominik Thom