Weltweit werden durch die privaten Haushalte, die Außer-Haus-Verpflegung und den Lebensmitteleinzelhandel ca. 931 Mio. Tonnen Lebensmittelabfälle verursacht (Forbes et al. 2021). Allein in Deutschland fallen jährlich 11 Mio. Tonnen Lebensmittelabfälle an (Statistisches Bundesamt 2022), von denen die Hälfte vermeidbar ist (Schmidt et al. 2019). Dies führt zu einer Verschwendung der für die Produktion, Verarbeitung und Logistik benötigten Ressourcen. Insgesamt trägt das Ernährungssystem zu negativen Umweltauswirkungen wie Treibhausgas-Emissionen, Verlust der Biodiversität, Zerstörung terrestrischer Ökosysteme und Verschmutzung von Gewässern bei (FAO 2023a, LANUV 2023). Zugleich sind weltweit 2,4 Mrd. Menschen von Ernährungsunsicherheit und 735 Mio. Menschen von Hunger betroffen (FAO 2023b). In Deutschland betrifft materielle Ernährungsarmut ca. 3 Mio. Menschen (WBAE 2023). Vor diesem Hintergrund ist eine globale Transformation des Ernährungssystems dringend erforderlich (Willett et al. 2019). Um ein nachhaltigeres Ernährungssystem zu schaffen, ist es erforderlich, Lebensmittelabfälle und die Prävalenz der Ernährungsarmut zu reduzieren. Einen Ansatz dafür bietet die Lebensmittelweitergabe über verschiedene Unternehmen und Initiativen. Inzwischen hat sich ein diverser Markt an gewerblichen und nicht-gewerblichen Anbietern für die Lebensmittelweitergabe etabliert. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Lebensmittelweitergabe allein der Reduzierung von Lebensmittelverschwendung (ökologische Auswirkungen) oder auch der Unterstützung von einkommensschwachen Haushalten und Bedürftigen (sozioökonomische Auswirkungen) dient. Die Beweggründe der Unternehmen und Initiativen können sich von den Beweggründen der Nutzer*innen unterscheiden. Ziel des Dissertationsvorhabens ist es, einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Ernährung und der Transformation des Ernährungssystems zu leisten. Dabei folgt das Projekt der Forschungsfrage „Wie kann die Lebensmittelweitergabe einen Beitrag für ein nachhaltigeres Ernährungssystem leisten?“. In Anknüpfung an das Drittmittelprojekt LeMiFair (Lebensmittel fairteilen statt verschwenden), das sich mit der Lebensmittelweitergabe über Tafeln in Niedersachsen befasst hat, zielt das vorliegende Dissertationsvorhaben darauf ab, deutschlandweit Daten über die Lebensmittelweitergabe durch verschiedene Lebensmittelweitergabesysteme zu erheben. Der Fokus liegt auf der Erhebung bislang fehlender empirischer Daten über die ökologischen und sozioökonomischen Auswirkungen der Lebensmittelweitergabe. Das Dissertationsvorhaben umfasst vier Arbeitspakete (AP). Die Datenerhebung erfolgt in Form eines Mixed Methods Ansatzes. In AP1 ist ein Systematic Review geplant, das der Schaffung einer Datenbasis dient und Begriffe für das Dissertationsvorhaben definiert. Außerdem werden mithilfe des Systematic Reviews der Status Quo der bisherigen Forschungsergebnisse zum Thema Lebensmittelverschwendung und Lebensmittelweitergabe sowie Forschungslücken aufgezeigt. In AP2 liegt der Fokus auf der Erhebung der Beweggründe für die Lebensmittelweitergabe aus Sicht der Anbieter*innen und Nutzer*innen. Das AP3 umfasst die Erhebung der Ernährungskompetenz und -versorgung von Tafelkund*innen als spezifische Zielgruppe. Es soll erhoben werden, welchen Einfluss gespendete Lebensmittel auf die Ernährung von Tafelkund*innen haben und welche Lebensmittelabfälle in Haushalten von Tafelkund*innen anfallen. In AP4 werden die Umweltauswirkungen verschiedener Lebensmittelweitergabesysteme anhand einer Ökobilanzierung ermittelt und Ressourceneinsparpotenziale identifiziert. Abschließend soll die Forschungsfrage anhand der erhobenen empirischen Daten beantwortet und aufgezeigt werden, unter welchen Voraussetzungen die Lebensmittelweitergabe zu einem nachhaltigeren Ernährungssystem beitragen kann und Lebensmittelverschwendung reduziert sowie die damit einhergehenden Umweltauswirkungen verringert werden können.