Um dem fortschreitenden menschengemachten Klimawandel zu begegnen, muss die massenhafte Freisetzung von Treibhausgasen schnellstmöglich reduziert werden. Im Hinblick auf den Energiesektor bieten Solarzellen die herausragende Gelegenheit solare Strahlungsenergie direkt und emissionsfrei in elektrische Energie umzuwandeln. Allerdings ist die Herstellung von Solarzellen, welche derzeit meist auf einkristallinen Siliziumwafern basieren, selbst sehr energieintensiv. Perowskit-Dünnschichtsolarzellen bieten die Perspektive zu einer deutlichen Senkung des Herstellaufwands, weil lösungsbasierte Methoden bei niedrigen Temperaturen mit Ausgangsmaterialien moderater Reinheit verwendet werden können. Aufgrund einer einzigartigen Kombination vieler vorteiliger Eigenschaften von Metall-Halogenid-Perowskiten (MHP) kann die Herstellung ohne Einbußen in der Effizienz vonstattengehen.
Für die wissensbasierte Weiterentwicklung dieser als Schichtsystem aufgebauten Solarzellen ist ein tiefgehendes Verständnis der elektronischen Eigenschaften, insbesondere an den Grenzflächen, von höchster Wichtigkeit. Die Energieniveauanordnung bestimmt maßgeblich das Verhalten von Ladungsträgern, die in der MHP-Schicht erzeugt und durch Kontaktschichten aus organischen Halbleitern selektiv extrahiert werden.
Die Methode der Wahl zur Untersuchung der Energieniveauanordnung ist die Photoelektronenspektroskopie (PES), mithilfe derer die Bandstruktur besetzter elektronischer Zustände und insbesondere die Austrittsarbeit und Ionisationsenergie experimentell bestimmt werden können. Um die elektronischen Eigenschaften an einer Grenzfläche zu erfassen, wird das Kontaktmaterial in Schritten einzelner Nanometer im Wechsel mit PES-Messungen auf das Substrat aufgebracht und die Entwicklungen im Spektrum der emittierten Elektronen als Indikator diverser Grenzflächenphänomene verwendet. Hierbei ergibt sich jedoch zu Beginn der Messreihe eine Grenzfläche zwischen der zu untersuchenden MHP-Oberfläche (Substrat) und dem umgebenden Vakuum, welche in einer Solarzelle, in der der MHP stets in direktem Kontakt mit Extraktionsschichten ist, nicht existiert. Der Einfluss dieses Umstands auf die experimentellen Ergebnisse wurde bisher kaum beachtet und noch nicht systematisch untersucht.
In dieser Forschungsarbeit wird daher eine in einem modellhaften System eingebettete MHP-Schicht studiert. Dazu wird auf den MHP eine atomar dünne Monolage hexagonalen Bornitrids (h-BN) aufgebracht. So wird eine Van-der-Waals-Grenzfläche realisiert, welche wegen der 6 eV großen Bandlücke von h-BN eine weitgehend ungestörte PES-Messung der MHP-Valenzzustände zulässt.
Zunächst werden Einkristalle des weithin erforschten MHP Methylammoniumbleiiodid (MAPI) verwendet, um danach Multi-Kationen-MHPs in Dünnschichten verlässlich untersuchen zu können. Eine große Herausforderung der Arbeit ist die Entwicklung eines geeigneten Transferverfahrens der h-BN-Monolage, welches wegen der Sensitivität der MHPs ohne den Einsatz von Lösungsmitteln und hohen Temperaturen gestaltet werden sollte. Zu Projektstart erscheint ein trockener Transfer von h-BN mithilfe eines Silikonstempels, welcher in der Literatur für andere Substrate bereits demonstriert wurde, am aussichtsreichsten. Um eine direkte Korrespondenz zu Solarzellen herzustellen, wird das Verfahren danach auf MHP-Dünnschichten übertragen, wofür das Transferverfahren voraussichtlich aufgrund der verringerten Kontaktfläche zwischen Dünnschicht und h-BN modifiziert werden muss.
Meine Arbeit wird eine wichtige Erkenntnislücke schließen, die – je nach Ausgang der Untersuchungen – entweder das wissenschaftliche Verständnis der elektronischen Eigenschaften von MHPs und deren Grenzflächen auf ein sicheres Fundament stellt oder eine neue Untersuchungsmethodik einführt, die weitere offene Fragen zu beantworten vermag. In jedem Fall wird ein entscheidender Beitrag geleistet, um die Realisierung hocheffizienter MHP-basierter Solarzellen rascher zu ermöglichen.