Promotionsstipendium: Sophie Schwab

Verhinderung von Carbon Leakage in der EU im Licht gemeinsamer, aber unterschiedlicher Verantwortlichkeiten

Das Dissertationsprojekt untersucht anhand verschiedener europäischer Instrumente zur Verringerung des Risikos von Carbon Leakage das Spannungsfeld zwischen dem Interesse an der Schaffung eines Level Playing Fields hinsichtlich der Emissionsbepreisung einerseits und dem Grundsatz der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten andererseits.

Das Ziel der EU, ein Level Playing Field zu schaffen, steht im Konflikt mit dem umweltvölkerrechtlichen Grundsatz der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten. Dieses Guiding Principle ist beispielsweise in der Klimarahmenkonvention und im Pariser Übereinkommen verankert. Nach diesem Grundsatz sind die sogenannten entwickelten Länder – als Vertragspartei damit auch die EU – im Kampf gegen den Klimawandel besonders verantwortlich, da sie in der Vergangenheit die meisten Treibhausgase ausgestoßen haben und über große Ressourcen verfügen, um den Klimawandel aufzuhalten. Um dem Grundsatz gerecht zu werden, müsste die EU aufgrund ihrer besonderen Verantwortung die Führung im Kampf gegen den Klimawandel übernehmen und Entwicklungsländer technisch und finanziell unterstützen.

Erstens werden – jeweils für den Aspekt der „Führung“ und der „Unterstützung“ – die aktuellen Regelungen zum Carbon Border Adjustment Mechanism untersucht, sowie zweitens die Literatur zu Reformvorschlägen analysiert.

Vergleichend wird drittens untersucht, wie andere Instrumente zur Verringerung des Risikos von Carbon Leakage (kostenlose Zuteilungen, CORSIA und evtl. Klimaclub) sich zu den Aspekten der „Führung“ und der „Unterstützung“ verhalten. Es existiert bislang kein systematischer rechtlicher Vergleich der untersuchten Instrumente hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten. Gerade die unterschiedlichen Wirkweisen und damit unterschiedlichen Fragestellungen können jedoch hilfreich sein, den Grundsatz der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten weiter zu operationalisieren und Vorschläge für eine einheitliche Anwendung zu machen. Denn dieser Grundsatz gibt als Guiding Principle keine konkreten Vorgaben für die Ausgestaltung von rechtlichen Instrumenten vor, sodass eine Operationalisierung nur im Einzelfall erfolgen kann.

Zuletzt richtet sich der Fokus nach innen: Auch innerhalb der EU stellt sich die Frage, welchen Beitrag welcher Mitgliedstaat zur Erreichung der Klimaziele zu leisten hat. So bestimmt die Lastenteilungsverordnung Treibhausgasreduktionsziele für jeden Mitgliedstaat im Verhältnis zu seinem Ausstoß im Jahr 2005. Die Minderungswerte werden durch das Pro-Kopf-BIP im jeweiligen Mitgliedstaat mitbestimmt. Damit ist innerhalb der EU eindeutig geregelt, dass von den Mitgliedstaaten unterschiedlich viel verlangt wird. Fraglich ist, ob die EU den Gedanken unterschiedlicher Verantwortlichkeiten innerhalb der EU anders anwendet als im Verhältnis zu Drittstaaten und wie das begründet wird.

Eine klare Orientierung an dem Grundsatz der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten kann den Klimaschutz voranbringen. Der Grundsatz enthält den Aspekt der Unterstützung – gerade die finanzielle Unterstützung im Kampf gegen den Klimawandel ist bislang unzureichend erfolgt. Zudem ist der Grundsatz der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten international politisch stark umstritten. Eine Orientierung der europäischen Carbon-Leakage-Regelungen an dem Grundsatz könnte im besten Fall multilaterale/ globale Klimaschutzbemühungen stärken und hat damit auch gesellschaftliche Relevanz.

AZ: 20022/055

Zeitraum

01.01.2023 - 31.12.2025

Institut

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Europarecht

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Betreuer

Prof. Dr. Bernhard W. Wegener