Die Umstellung auf nachhaltige Mobilität ist eines der zentralen Themen heutiger Politik. Dabei müssen eine Reihe sozialer, ökologischer und ökonomischer Anforderungen erfüllt werden. Zum einen muss der Ausstoß von Treibhausgasen schnell und drastisch reduziert werden, zum anderen soll die gesellschaftliche Teilhabe aller Verkehrsteilnehmer*innen in ländlichen, sowie urbanen Räumen nicht eingeschränkt werden. Mobility-on-Demand Konzepte wie Ridepooling bieten eine Möglichkeit diese Ziele zu kombinieren und schnell umzusetzen.
Bei On-Demand Ridepooling werden ähnliche Fahrten verknüpft, um die Auslastung der Fahrzeuge zu erhöhen, und somit die gefahrene Gesamtstrecke zu reduzieren. Als Teil des öffentlichen Verkehrssystems kann Ridepooling als Bindeglied zwischen Taxisystemen und Linienverkehr betrachtet werden. Einerseits korrespondiert es mit Taxisystemen, da die Fahrzeuge auf Abruf verfügbar sind, anderseits ähnelt es Linienverkehr, da mehr als eine Anfrage zeitgleich bearbeitet wird. Es kann als Stand-alone-System verwendet werden oder in Kombination mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln (multimodaler Verkehr).
In meinem Promotionsprojekt soll die Dynamik von Ridepooling umfassend untersucht werden, um zu klären, ob und in welcher Form Ridepooling die gewünschten Ziele, z.B. bzgl. Nachhaltigkeit, erreicht. Diese Untersuchung ist in drei Bereiche aufgeteilt.
Im ersten Teil soll die Dynamik von Stand-alone-Ridepooling analysiert werden. Das Ziel ist, ein besseres Verständnis darüber zu bekommen, wann Fahrten geteilt werden (Übergang Taxi zu Ridepooling) und wann und wie sich zyklische Routen entwickeln (Übergang Ridepooling zu Linienverkehr). Beide Übergänge konnten bereits in stark vereinfachten Ridepooling-Simulationen von Dr. Molkenthin sowie in meiner Masterarbeit beobachtet werden. Eine systematische Analyse soll zu einem besseren Verständnis der zugrundeliegenden Mechanismen führen, und so eine Grundlage für die Parameterwahl bilden. Hierzu ist geplant, Methoden aus der statistischen Physik zu verwenden, indem die Übergänge als Phasenübergänge in noch zu bestimmenden Ordnungsparametern beschrieben werden. Parameter sind hier z.B. der Dispatcher Algorithmus oder die Fahrzeuganzahl. Um die Anzahl an Parameterkombinationen zu senken, sollen einzelne Parameter durch Parameterreduktion zu effektiven Parametern zusammengefasst werden. Die Auswirkungen einer Parameterkombination auf ein Ridepooling-System sollen mit einer Ridepooling-Simulation getestet werden. Um die Simulationsanzahl weiter zu senken, sollen außerdem Samplingverfahren wie genetische Algorithmen oder Markow-Chain Monte-Carlo Algorithmen (MCMC) eingesetzt werden. Einen MCMC Algorithmus verwendete ich bereits in meiner Masterarbeit.
Der zweite Teil soll sich mit der bisher spärlich untersuchten Frage beschäftigen, ob Ridepooling eher als Stand-alone-System oder in Kombination mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln eingesetzt werden sollte. Auch hier sollen Phasenübergänge und Phase Mixing untersucht werden. Phase Mixing kann hier z.B. bedeuten, dass nur einzelne Fahrzeuge des Systems mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln interagieren. Es sollen hier auch die Ergebnisse und Methoden aus dem ersten Teil genutzt werden.
Auf Basis dieser Ergebnisse können im letzten Teil für bestimmte Regionen exakt konfigurierte Ridepooling-Systeme erstellt werden. Für diese Systeme soll ermittelt werden, wie sich die CO2-Emissionen, Fahrzeit, Wartezeit, Verkehrs- und Fahrzeugaufkommen im Vergleich zu Individualverkehr mit dem eigenen PKW verhalten. Aus den Kostenanalysen sollen Funktionen abgeleitet werden, mit denen z.B. die CO2-Emissionen in Abhängigkeit von der Anzahl der Fahrzeuge des Systems dargestellt werden kann. Als Datensatz zum Modellieren der Mobilitätsbedürfnisse werden 34 Millionen Transportnachfragen aus Berlin aus dem Jahr 2017 verwendet werden. Dies stellt eine erhebliche Verbesserung gegenüber anderen Studien dar, welche z.B. nur Taxianfragen verwenden.