Promotionsstipendium: Sophia Loers

Vom Wasserrecht lernen? – Eine Bewirtschaftungsordnung für das Umweltmedium Luft im Verkehrssektor

Die Unterschiede zwischen den Umweltmedien Luft und Wasser könnten aus rechtlicher Sicht kaum größer sein. Das Wasser wird traditionell bewirtschaftet. Ziel dieses strengen Regimes ist der Schutz der Ressource Wasser, nicht zuletzt zur Sicherung der Trinkwasserversorgung.

Dagegen wird die Nutzung des Umweltmediums Luft grundsätzlich begrenzt. Die Grundrechte gewährleisten das Recht, die Luft im Zuge der Grundrechtsausübung zu belasten, z. B. mit klimaschädlichen Treibhausgasen. Anders als das Wasser ist die Luft auch nicht der Eigentumsordnung entzogen. Im Gegensatz zur wasserrechtlichen Gestattung besteht zudem auf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung grundsätzlich ein Anspruch. Ein regulierendes Eingreifen des Staates beschränkt sich auf Einzelfälle. Führt die Belastung der Luft zu einer Beeinträchtigung eines Dritten, begrenzt der Staat punktuell die Rechte des Umweltnutzers zur Nutzung der Luft.

Das im Vergleich zum Luftreinhalterecht „strengere“, jedenfalls umfassendere Bewirtschaftungsregime des Wasserhaushaltsrechts suggeriert, das Umweltmedium Wasser sei im Vergleich zum Umweltmedium Luft schutzbedürftiger oder gar schützenswerter. Dass dies nicht der Fall ist, zeigt ein Blick auf den menschengemachten Klimawandel und die dahinterstehenden Mechanismen. Der Klimawandel ist eine Bedrohung für Mensch und Natur. Da der menschengemachte Klimawandel auf der Emission von Treibhausgasen beruht, die in der Atmosphäre zum anthropogenen Treibhauseffekt führen, ist die Bedeutung einer möglichst wenig von Treibhausgasen belasteten Luft kaum zu überschätzen. Insofern ist der Schutz des Umweltmediums Luft für das Leben auf der Erde mindestens genauso wichtig wie die Bewahrung der Wasserqualität. Die rechtliche Unterscheidung der Umweltmedien Luft und Wasser findet damit keine Entsprechung auf tatsächlicher Ebene. Stattdessen wirft die Bedeutung der beiden Umweltmedien die Frage auf, ob ihre unterschiedliche rechtliche Regulierung noch tragfähig ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der ungebremst voranschreitende Klimawandel zu wirksamen Klimaschutzmaßnahmen drängt. Wenn „reine“ Luft mindestens genauso bedeutsam ist wie eine zuverlässige (Trink-)Wasserversorgung, müsste das Umweltmedium Luft dann nicht ebenfalls bewirtschaftet werden?

AZ: 20022/046

Zeitraum

01.12.2022 - 31.07.2024

Institut

Universität Bremen
Fachbereich Rechtswissenschaft

Betreuer

Prof. Dr. Claudio Franzius