Promotionsstipendium: Astrid Gläsel

Transformationspotential und sozial-ökologische Auswirkungen von Agrarökologie-Projekten im urbanen und peri-urbanen Raum in Deutschland

Heutige Ernährungssysteme führen zu Ressourcenübernutzung, tragen zu Klimawandel und Biodiversitätsverlust bei und sind nicht in der Lage, allen Menschen einen Zugang zu ausreichender und gesunder Ernährung zu bieten (Rockström et al., 2020). Das vorliegende Dissertationsprojekt soll sich mit der Frage befassen, wie nachhaltige und resiliente Ernährungssysteme im urbanen und peri-urbanen Kontext in Deutschland erreicht werden können. Aufgrund der komplexen Verflechtung sozialer, ökologischer, ökonomischer und technologischer Dynamiken in urbanen Ernährungssystemen sollen diese konzeptuell als sozial-ökologisch-technologische Systeme (SETS) verstanden werden (Smith and Stirling, 2010).

Ein praktischer Ansatz, der diese systemische Perspektive auf nachhaltige und resiliente Ernährungssysteme aufgreift, ist die sogenannte Agrarökologie. Gliessman et al. (1998) definieren Agrarökologie als „die Anwendung ökologischer Konzepte und Grundsätze für die Gestaltung und Bewirtschaftung nachhaltiger Agrarökosysteme [eigene Übers.]“. Die Frage, welche Potentiale die Anwendung agrarökologischer Prinzipien für eine Transformation urbaner SETS hin zu mehr Nachhaltigkeit und Resilienz der städtischen Ernährungssysteme in Deutschland birgt, soll im Mittelpunkt des Dissertationsprojekts stehen.

Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf Gerechtigkeitsfragen und soziale Auswirkungen agrarökologischer Projekte und ihrer sogenannten nested markets gelegt werden. Nested markets beschreiben alternative Formen des wirtschaftlichen Austauschs wie beispielsweise Projekte der Solidarischen Landwirtschaft, Gemüsekisten oder auch Hofläden. Dieser Fokus begründet sich darin, dass die aktive Einbeziehung marginalisierter Gruppen die transformativen Kapazitäten von Prozessen erhöht (Wolfram et al., 2019). Weiterhin kann die Nichtbeachtung solcher Fragen zu nicht intendierten Transformationsdynamiken führen, die unter Umständen soziale Schieflagen eher verstärken als abbauen. Weiterhin soll im Sinne des Mehrebenenansatzes untersucht werden, welche politischen Maßnahmen sich als hilfreich erweisen könnten, um die Transformation von Ernährungssystemen mit Hilfe agrarökologischer Ansätze zu fördern. Das Erkenntnisinteresse lässt sich mit folgenden Forschungsfragen zusammenfassen:

 

Wie kann die Einbeziehung der Stadtbevölkerung in Ernährungssysteme gestaltet werden, um das transformatorische Potential agrarökologischer Ansätze nutzbar zu machen?

 

  • Welche Voraussetzungen und Kapazitäten müssen die Betriebe oder Projekte haben, um nested markets für sich nutzbar zu machen?
  • Wie können marginalisierte Gruppen innerhalb der Stadtgesellschaft in diesen nested markets eine aktive Rolle einnehmen?

Literatur

Gliessman, S.R., Engles, E., Krieger, R., 1998. Agroecology: ecological processes in sustainable agriculture. Ann Arbor Press, Chelsea, MI.

Rockström, J., Edenhofer, O., Gaertner, et al., F., 2020. Planet-proofing the global food system. Nat Food 1, 3–5.

Smith, A., Stirling, A., 2010. The Politics of Social-ecological Resilience and Sustainable Socio-technical Transitions. E&S 15, art11.

Wolfram, M., Borgström, S., Farrelly, M., 2019. Urban transformative capacity: From concept to practice. Ambio 48, 437–448.

AZ: 20022/038

Zeitraum

01.01.2023 - 31.12.2025

Institut

Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) TU Dresden Professur für Raumentwicklung und Transformation

Betreuer

Prof. Marc Wolfram