Hartholzauwälder leisten ausgesprochen wichtige Ökosystemfunktionen wie Hochwasserretention und Klimaregulation und zeichnen sich durch eine hohe Biodiversität aus. Hierbei ist ein hoher Anteil der Arten, vor allem Rote-Liste- und Urwaldreliktarten, an das Vorkommen der Stieleiche gebunden, die dadurch zu einer Schlüsselart für den Artenschutz wird. Jedoch ist der Erhaltungszustand von Auwäldern bundesweit als ungünstig bis schlecht eingestuft (BfN, LRT 91F0*). EU-weit gelten sie als bedrohte Ökosysteme. Auch wenn die hohe Schutzwürdigkeit außer Frage steht, gibt es um den Leipziger Auwald eine bundesweite Debatte über geeignete Strategien zu seinem Schutz. Im Zentrum steht die waldökologische Frage, wie und ob sich die charakteristische Baumartenzusammensetzung der Hartholzaue erhalten lässt. Um dies zu beantworten, müssen die wasserbaulichen Veränderungen der Aue und Möglichkeiten der Revitalisierung der Auendynamik, die waldökologische Naturschutzstrategie und die massiven Einflüsse des Klimawandels auf die Waldentwicklung gemeinsam betrachtet werden. Das Promotionsprojekt fokussiert entlang dieser Themen auf ungeklärte Fragen zur Verjüngungsdynamik der Baumarten des Hartholzauwalds mit besonderer Berücksichtigung der Stieleiche (Quercus robur L.). Die Waldstruktur von Flussauen hat sich durch Entwässerung und Wechsel forstwirtschaftlicher Methoden in den letzten Jahrhunderten stark verändert und führte zu einer nahezu fehlenden Naturverjüngung der Stieleiche. Dies wird vor allem auf Lichtmangel durch die sogenannte „Verahornung“ zurückgeführt, ein Phänomen ausbleibender Überflutungen, das auch aus anderen Hartholzauwäldern Deutschlands bekannt ist. Aktuell wandelt sich die Waldstruktur infolge von klimawandelbedingten Kalamitäten mit hoher Mortalität von Esche (Fraxinus excelsior L.) und Ahorn (Acer pseudoplatanus L.). Die damit verbundene Auflichtung des Oberstands könnten eine Regenerationsnische für die lichtbedürftige Eiche schaffen und forstliche Maßnahmen wie Anpflanzung der Eiche in Femellöchern mittelfristig ersetzen. Ob dieses Potential aber realisiert werden kann, hängt vor allem von der Dynamik des Bergahorns ab. Das wahrscheinlichste Szenario ist eine direkte Förderung des Ahorns. Geplante Flutungen im Zuge der Auenrevitalisierung könnten aber helfen, den Ahorn zurückzudrängen. Dies soll in drei Bestandssituationen (geschlossener Hochwald, mortalitätsbedingt aufgelichteter Hochwald, Femel) experimentell durch Entfernen der Ahornverjüngung simuliert werden. Zudem soll der Effekt der aktiven Entnahme der Ahornverjüngung im Vergleich zu einer unbehandelten Kontrolle ermittelt werden. Als Antwortvariablen werden die Keimungsrate der Eiche und die Entwicklung von gepflanzten Eichenkeimlingen (Kapitel 1), sowie die Wuchsdynamik der Naturverjüngung, Mykorrhizierungsrate der Eichenkeimlinge und Trockenstressmerkmale von Phytometereichen untersucht (Kapitel 3). Da im Zuge der Klimawandeldiskussion der Einfluss einer Waldbewirtschaftung mit Bestandsöffnung durch Femelung oder Schirmschlag auf die Kühlungsfunktion und das Bodenleben in Wäldern kontrovers diskutiert wird, wird für die drei Bestandssituationen zusätzlich das Mikroklima und die Bodenaktivität gemessen (Kapitel 2). Die Ergebnisse der Arbeit sind relevant im Kontext der Überarbeitung des FFH-Managementplans und dienen als Grundlage für die Vorbereitung eines Naturschutzgroßprojekts im Leipziger Auensystem, das der Freistaat Sachsen gemeinsam mit der Stadt Leipzig anstrebt.