Promotionsstipendium: Larissa Zoe Herrmann

Identifizierung und Risikoanalyse chronischer Pestizidbelastungen in Gewässern: Maschinelles Lernen, Landschaftsmodellierung und Meta-Analyse

Pestizide sind ein bedeutender Bestandteil der heutigen Landwirtschaft, tragen aber auch zur Beeinträchtigung aquatischer Ökosysteme bei. In Deutschland waren im Jahr 2019 etwa eintausend Pestizide zur Anwendung registriert. Risiken für Gewässer erwachsen aus ungewolltem Transport der auf Feldern ausgebrachten Pestizide, z.B. durch Abdrift, Oberflächen-Runoff oder Drainage. Für die Art und Dauer des Verbleibs von Pestiziden in der Umwelt sind eine Vielzahl von Faktoren maßgeblich, z.B. ihre Anwendungsart und ihre physiko-chemischen Parameter sowie geographische und meteorologische Gegebenheiten. Im Rahmen des (Wieder-)Zulassungsprozesses von Pestiziden wird deren Exposition und Umweltverhalten mithilfe von Modellen und basierend auf unterschiedlichen Szenarien abgeschätzt. Innerhalb der umfangreichen Gruppe der Pestizide finden sich insbesondere Fungizide längerfristig in der Umwelt wieder. Einerseits weisen sie physiko-chemische Eigenschaften auf, die einen langen Verbleib (Persistenz) begünstigen, andererseits bedingt die Ökologie von Pilzen eine häufige und wiederholte Anwendung, welche zu einer Pseudo-Pesistenz führen kann.

Das hier vorgestellte Promotionsvorhaben hat zum Ziel, die Belastungssituation von Oberflächengewässern in Deutschland durch Fungizide abzuschätzen, dabei insbesondere chronische Expositionssituationen zu identifizieren, und eine entsprechende Risikoanalyse für Deutschland durchzuführen. Es sollen hierfür zwei verschiedenartige Modellierungsansätze angewendet werden. Mithilfe von Maschinellem Lernen soll ein Modell zur Identifikation chronischer Expositionssituationen auf Basis einer Vielzahl von europaweit verfügbaren Daten zu z.B. Pestizidkonzentrationen in der Umwelt, substanz-, anwendungs-, und landschaftsspezifischen Daten trainiert werden. Dieses für Europa anhand von Pestiziden trainierte Modell soll dann für Deutschland, und hier speziell für Fungizide, angewendet werden, wofür nur vergleichsweise wenige Umweltkonzentrationen zur Verfügung stehen. Durch Landschaftsmodellierung soll die Exposition dann detaillierter und zeitlich-räumlich explizit beschrieben werden. Die Ergebnisse der beiden Modellierungsansätze dienen dann einer Risikoanalyse aquatischer Fungizidbelastungen unter Berücksichtigung der spezifischen Wirkungen auf aquatische Pilze und der möglicher synergistischer Pestizidinteraktionen, auf deren Grundlage dann die aktuelle Umweltrisikobewertung evaluiert wird.

Die Arbeit soll einen Beitrag zur Verbesserung des jetzigen regulatorischen Vorgehens bezüglich der umweltrelevanten, aber bis dato möglicherweise nur unzureichend adressierten, chronischen Pestizidbelastung am Beispiel von Fungiziden in Gewässern liefern.

Zum Erreichen dieses Ziels wurde bisher ein umfangreicher EU-weiter Pestizid-Monitoringdatensatz für Oberflächengewässer aus öffentlich verfügbaren Quellen recherchiert, vereinheitlicht und analysiert. Zeitliche Konzentrationsfolgen von Pestiziden in begrenzten räumlichen Gewässerabschnitten wurden analysiert – zum einen für eine Interpretation von Mustern und ein Erkennen von relevanten Substanzen, zum anderen als Basis für das Training von Machine-Learning basierten Modellen. Anhand der Konzentrationsfolgen konnte man bereits ableiten, dass langfristige Exposition durch Pestizide in Gewässern eine relevante Thematik darstellt und erste Einflussfaktoren konnten identifiziert werden. Darüber hinaus wurde auf Basis dieser Konzentrationsfolgen ein probabilistisches Maß abgeleitet, welches die Wahrscheinlichkeit ausdrückt, mit der ein Pestizid innerhalb eines Raum- und Zeitabschnittes wiedergefunden wird. Die Auswertung dieses Maßes hat sowohl physiko-chemische Parameter, die das Umweltverhalten eines Pestizids bedingen, als auch Anwendungsstrategien als wesentliche Einflussfaktoren auf das Wiederfinden eines Pestizids ergeben.

Weitere Schritte sehen nun vor, auf Basis dieses probabilistischen Maßes mithilfe von Machine-Learning Algorithmen sowohl weitere Einflussfaktoren für das chronische Vorhandensein von Pestiziden in Oberflächengewässern zu identifizieren (z.B. hydrologische, geologische oder klimatische Gegebenheiten), als auch ein Modell zu entwickeln, mit welchem die Vorhersage chronischen Pestizidvorkommens auf Basis dieser Einflussfaktoren ermöglicht werden soll, um eine umfassendere Expositions- und infolgedessen auch Risikoanalyse zu ermöglichen.

AZ: 20021/734

Zeitraum

01.03.2022 - 28.02.2025

Institut

Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) Institut für Umweltwissenschaften

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Betreuer

Prof. Dr. Ralf Schulz