Mitte des Jahres 2018 wurde erstmals von Journalist*innen aufgedeckt, dass der Onlinehändler amazon massenhaft Retoure-Ware vernichtet. Dieses Vorgehen hat große Empörung ausgelöst, vor allem als ans Licht kam, dass nicht nur beschädigte oder unbrauchbare Produkte, sondern auch neue und vollständig funktionstüchtige Ware planmäßig vernichtet wird und auch der stationäre Handel mit unverkaufter Lagerware ähnlich umgeht.
Auf diesen Skandal hat zunächst der nationale Gesetzgeber reagiert, indem mit der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) im Herbst 2020 eine Neuregelung eingefügt wurde: die sog. Obhutspflicht. Diese ist ohne Vorbild in unionsrechtlichen oder nationalen Regelungen und erweckte bereits im Gesetzgebungsverfahren die besondere Aufmerksamkeit verschiedener Wirtschaftsakteur*innen.
Auch auf europäischer Ebene beschäftigt das Problem der Warenvernichtung nunmehr die Institutionen. Die Europäische Kommission hat am 30. März 2022 ihre Initiative für nachhaltige Produkte im Rahmen des Green Deals vorgelegt, die auch das Problem der Warenvernichtung berücksichtigt.
Während der Unionsgesetzgeber in dem Verordnungsentwurf die Instrumentenwahl bereits getroffen hat, stellt sich auf nationaler Ebene insbesondere die Frage nach der instrumentellen Ausgestaltung der Obhutspflicht.
Die bestehende deutsche Rechtslage und der Vorschlag der EU werden im Rahmen der Arbeit analysiert und mittels Auslegung konkretisiert. Sodann werden die auf unionsrechtlicher Ebene vorgeschlagenen Instrumente untersucht und bewertet und die im nationalen Recht angelegte Obhutspflicht einer Konkretisierung zugeführt. Es wird ein Instrumenten-Mechanismus erarbeitet, der eine Option zur Ausgestaltung der Obhutspflicht darstellt. Die untersuchten Instrumente werden einer vergleichenden Betrachtung im Hinblick auf ihre Tauglichkeit zur Bekämpfung der Warenvernichtung unterzogen. Es folgt ein rechtspolitischer Ausblick.