Promotionsstipendium: Mandy Sander

Entwicklung und Validierung nicht-invasiver Erhebungsinstrumente zur Erfassung der Wirbellosenfauna in Gewässern über Umwelt-DNA

Entwicklung nicht-invasiver genetischer Erhebungsinstrumente für das Biomonitoring

Der Rückgang der Biodiversität wirbelloser Tiere in Seen, Bächen und Flüssen hat weitreichende Konsequenzen für diese Ökosysteme, ihre Funktionen und Leistungen. Wo und wie genau sich Biodiversität verändert ist insbesondere für die zahlreichen kleineren Organismen, Insekten, Krebse, Schnecken u.v.a.m. nur sehr unzureichend erforscht. Für einen gezielten Schutz der Ökosysteme und auch für die Maßnahmenkontrolle im behördlichen Naturschutz sind diese Daten von größter Relevanz. Die klassischen Erhebungsmethoden, d.h. eine Beprobung über Netze und mikroskopische Bestimmung der Tiere, sind hier ein limitierender Faktor. Dies liegt daran, dass sie I) nur verhältnismäßig grob die Artenvielfalt der Makroinvertebraten erfassen können, II) sie aufwendig in der Durchführung sind, sie III) entsprechend nur selten und iv) zudem meist nur für größere Gewässer (>10 km2 Einzugsgebiet bei Flüssen) durchgeführt werden. Eine Alternative stellt das DNA-Metabarcoding dar. Mit dieser Technik können auf Grundlage von DNA-Sequenzen verschiedenste Arten gleichzeitig identifiziert werden und dabei auch solche Arten voneinander unterschieden werden, welche morphologisch nicht oder nur aufwändig und mit viel Expertise zu bestimmen sind. Bislang wird das DNA-Metabarcoding für Wirbellose meist nur auf Sammelproben von ganzen Individuen angewendet, die bei dem Prozess der DNA Extraktion jedoch – wie bei der klassischen Erhebung – getötet und in Alkohol eingelagert werden. Eine der drängendsten Fragen bei der Erhebung der wirbellosen Artenvielfalt ist daher, ob eine Erhebung auch ohne invasive Beprobung und Töten der Tiere möglich ist. Hier kommt die seit wenigen Jahren entwickelte Methode des Metabarcodings von sogenannter „Umwelt-DNA“ (engl. eDNA – environmental DNA) als zunehmende Alternative in Frage. Wie in der Forensik wird durch Umwelt-DNA nur DNA aus abgegebenen Körperzellen der Organismen in der Umwelt (dem Flusswasser) isoliert. Dies hat den Vorteil, dass weder Fische noch Makroinvertebraten durch die Probennahme gestört oder gar getötet werden müssen. Da Umwelt-DNA über weite Distanzen transportiert werden kann, ist eine laute Kritik möglicher behördlicher Anwender, dass mit der Erhebungsmethode kein echter Ortsbezug erhalten werden kann, da unklar bleibt, ob ein positiver Nachweis auf eine Art vor Ort oder stromaufwärts zurückzuführen ist. Ziel des beantragten Pionierprojektes ist eine Lösung für dieses Problem des ortsspezifischen Nachweis über nicht-invasives Umwelt-DNA- Metabarcoding. Konkret werden zwei methodisch-innovative Lösungsoptionen überprüft werden: I) Es sollen künstliche Substrate ins Gewässer eingesetzt und von Wirbellosen besiedelt werden. Diese Substrate werden anschließend entnommen, für kurze Zeit in einem Wassergefäß aufbewahrt und aus dem Wasser anschließend die Umwelt-DNA isoliert und der Artnachweis durchgeführt, die Tiere wieder in den Fluss entlassen. II) Es soll zudem eine klassische Kicksampling-Beprobung gemäß EU-Wasserrahmenrichtline durchgeführt werden, die Tiere jedoch nicht in Alkohol konserviert, sondern in Wasser überführt, aus diesem Umwelt- DNA für den Artnachweis extrahiert werden. Die Tiere werden im Anschluss wieder in den Fluss gesetzt.

Das Projekt soll an einem renaturierten Gewässer, der Emscher, sowie zwei naturnahen Flüssen (Sieg und Ennepe) getestet werden. Beide neue Erhebungsmethodik soll mit Hilfe von a) Umwelt-DNA direkt aus dem Fluss, b) durch die Extraktion von DNA aus den Organismen des Kicksamplings und c) durch Langzeitmonitoringdaten validiert werden. Dadurch, dass die vorgeschlagenen Methoden nicht-invasiv, zeit- und kosteneffizient sind, erscheint ein konstantes Monitoring über lange Zeiträume, sogenanntes Langzeitmonitoring, umsetzbar. Entsprechend könnten Variationen der Artgemeinschaft aufgrund von kurzfristigen und extremen Ereignissen von schrittweisen Veränderungen unterschieden werden und die Ergebnisse der Erstellung neuer Richtlinien für zukünftiges Biodiversitäts- und Gewässerbiomonitoring dienen.

AZ: 20020/685

Zeitraum

01.03.2021 - 29.02.2024

Institut

Universität Duisburg-Essen
Fakultät für Biologie
Aquatische Ökosystemforschung

Betreuer

Prof. Dr. Florian Leese