Promotionsstipendium: Anne Graser

Auswirkungen von Störungsereignissen auf die Vogel- und Nachtfalterdiversität und Strategien zur Biodiversitätsförderung im Wald

Der weltweite Biodiversitätsrückgang stellt eine der größten Herausforderungen der heutigen Zeit dar. Dabei sind Wälder ein wichtiger und nicht zu ersetzender Lebensraum für viele spezialisierte Tierarten. Auch bei Vögeln und Nachtfaltern mitteleuropäischer Wälder wurden Diversitätseinbußen erfasst, die mehr oder weniger vollständig dokumentiert wurden. Dabei zeigen vor allem Arten, die auf störungsreiche Wälder und frühe Sukzessionsstadien angewiesen sind, Verluste. Gründe dafür liegen bei dem modernen Forstmanagement, welches zu einer Homogenisierung der Waldstruktur führte. Durch den vermehrten Einsatz von Nadelgehölzen und der Exklusion großer Eingriffe (Kahlschläge) kam es zu einem stetig steigenden Holzvorrat im Wald; durch kühleres Waldinnenklima und geringeren Unterwuchs fanden Arten lichter Wälder keinen geeigneten Lebensraum mehr. Zudem wurden natürliche Störungsereignisse weitest möglich unterbunden; die frühzeitige Entnahme von Borkenkäferbäumen und geschädigten Beständen und anschließende rasche Wiederaufforstung führte zu einer Beschleunigung der Wiederbewaldung. Frühe Sukzessionsstadien in mitteleuropäischen Wäldern sind bis heute unterrepräsentiert.

Schon in den letzten Jahren zeigte sich durch anhaltende Trockenphasen ein vermehrtes Aufkommen von Borkenkäfern, welches zum großflächigen Absterben vieler Fichtenbestände führte. Klimawandel induziertes Waldsterben durch Borkenkäfer und stärkere Schäden durch Stürme in vitalitätsschwachen Beständen werden auch für die Zukunft prognostiziert. Welches Potential eine solche zukünftige Entwicklung für Vögel und Nachtfalter birgt ist bisher kaum erforscht. Es ist davon auszugehen, dass zukünftige Wälder mehr frühe Sukzessionsstadien aufweisen und heterogener sein werden. Diese vielfältigere Lebensraumstruktur wird Auswirkungen auf die waldbewohnende Fauna haben und Arten früher Sukzessionsstadien könnten von dieser Entwicklung profitieren. Voraussetzung dafür ist ein entsprechender forstwirtschaftlicher Umgang mit diesen Störungsflächen, denn positive Entwicklungen können z.B. durch Bergungsfällungen verhindert werden.

Die Indikatorartengruppen der Vögel und Nachtfalter werden im Zuge dieses Promotionsvorhabens in von Störungen betroffenen Waldbeständen untersucht, um Einflussfaktoren auf Häufigkeit und Vorkommen zu ermitteln. Dabei werden sowohl bundesweite als auch regionale Zusammenhänge untersucht.

  1. Durch Verschneidung von bundesweiten Daten aus dem Monitoring häufiger Brutvögel des Dachverbands Deutscher Avifaunisten mit einer Waldstörungskarte können die Auswirkungen von Störungen auf Populationstrends einzelner Arten, kombinierte Trends über funktionale Gruppen und die Vielfalt von Artengemeinschaften bewertet werden.
  2. Im Nationalpark Harz und angrenzenden Wäldern wurden Untersuchungen zu Abundanz- und Diversitätsverhältnissen von Vögeln und Nachtfaltern entlang eines Sukzessionsgradienten und unter unterschiedlichem forstlichem Management durchgeführt, um insbesondere das durch Störung veranlasste Forstmanagement zu untersuchen.
  3. Mit den Erkenntnissen aus vorrangegangenen Untersuchungen werden Handlungsempfehlungen für störungsreichere Wälder formuliert.

AZ: 20020/675

Zeitraum

01.01.2021 - 31.12.2023

Institut

Georg-August-Universität Göttingen
Institut für Zoologie und Anthropologie
Abteilung Naturschutzbiologie

Betreuer

Prof. Dr. Johannes Kamp