Die Artenvielfalt und Gesundheit von Fließgewässerökosystemen sind stark durch menschliche Aktivitäten beeinträchtigt, was die Stabilität dieser Ökosysteme und die von ihnen erbrachten Ökosystemdienstleistungen stark gefährdet. Sowohl globale als auch europäische Bemühungen den Rückgang der Artenvielfalt einzudämmen und für den Schutz der Ökosysteme waren nicht sehr erfolgreich, insbesondere für Fließgewässer, so dass im Jahr 2021 nur für weniger als zehn Prozent der deutschen Flüsse einen guten ökologischen Zustand erreichten. Die heutige Landwirtschaft wurde als Hauptursache für diese Verschlechterung identifiziert wie aus zahlreichen Studien hervorgeht. Jedoch unterscheiden sich die Auswirkungen der Landwirtschaft je nach Organismen und Umweltbedingungen wie Boden- und klimatischen Verhältnissen. Darüber hinaus ist die Landwirtschaft nicht einheitlich. Die spezifischen landwirtschaftlichen Typen und Praktiken unterscheiden sich zwischen Regionen, was wiederum zu Unterschieden in der Intensität und des Einsatzes von Agrochemikalien führt, wie es viele Fallstudien nahelegen. Zur wirksamen Minderung dieser negativen Auswirkungen müssen mehrere Wissenslücken geschlossen werden, deren Bearbeitung in sechs Kapiteln im Folgenden kurz beschrieben wird.
Im ersten Kapitel wurde das aktuelle Wissen über den Einfluss der Landwirtschaft auf die Flussbiota in einer Metaanalyse zusammengefasst und analysiert (Schürings et al., 2022). Gemäß dieser Metaanalyse hat die Landwirtschaft insgesamt eine mittlere bis hohe negative Wirkung auf die Flussbiota, und die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Auswirkungen der Landwirtschaft zwischen landwirtschaftlichen Typen, Praktiken, den betrachteten Organismengruppen, sowie biologischen Metriken unterscheiden. Zweitens wurde ein pan-europäischer Datensatz verwendet, um eine landwirtschaftliche Typologie zu erstellen, basierend auf landwirtschaftlicher Produktion und landwirtschaftsbedingten Belastungen auf Süßgewässer durch Nährstoffe, Pestizide, Wasserentnahme und hydromorphologischen Veränderungen (Schürings et al., 2023). In diesem Kapitel wurde identifiziert, wie sich landwirtschaftliche Typen in ihren Belastungsmustern auf Süßwasser unterscheiden, und es zeigt sich, dass die Berücksichtigung der Intensität landwirtschaftlichen Belastungen die Korrelation mit dem ökologischen Zustand nahezu verdoppelt. Drittens wurden die Auswirkungen verschiedener landwirtschaftlicher Typen auf den ökologischen Zustand gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) untersucht, unter Verwendung hochauflösender landesweiter Landnutzungsdaten, mit Unterscheidung zwischen verschiedenen Anbaufrüchten (Schürings et al., 2024a). Die Auswirkungen auf den ökologischen Zustand unterschieden sich deutlich zwischen den Anbaufrüchten, die in der Regel mit unterschiedlichen Anwendungsraten von Agrarchemikalien in Verbindung gebracht werden. Makroinvertebraten und Makrophyten wurden am stärksten von Anbaufrüchten mit intensivem Pestizideinsatz belastet, während Diatomeen hauptsächlich von nährstoffintensiven Anbaufrüchten beeinträchtigt waren. Viertens zeigten die Ergebnisse in Markert et al. (2023), das städtische Gebiete und verschiedene landwirtschaftliche Kulturpflanzentypen mit typischen Anwendungsraten von Agrochemikalien tatsächlich mit den in Flüssen beobachten Konzentrationen von Mikroschadstoffen in Verbindung stehen, die oft Umweltqualitätsstandards überschritten. Fünftens wurden sich zwischen den Anbaufrüchten unterscheidende Anwendungsraten von Agrarchemikalien verwendet, um einen landwirtschaftlichen Intensitätsindex zu erstellen (Schürings et al., 2024b). Dieser Index verbesserte die Korrelationsstärke zwischen der heutigen Landwirtschaft und dem ökologischen Zustand, wobei die deutlichsten Beziehungen zu Makroinvertebraten in kleinen Gewässern im Mittelgebirge festgestellt wurden. Sechstens wurden Erfahrungen aus der Umsetzung von Umweltgesetzgebungen wie der WRRL genutzt, um Empfehlungen für eine erfolgreiche Umsetzung und Implementierung des EU-Naturrestaurationsgesetzes (Nature Restoration Law) zu geben (Hering et al., 2023). Dieses abschließende Kapitel betont, dass die Verknüpfung von Restaurationsbemühungen mit einer Umstellung auf nachhaltigere Landwirtschaft, deren Bedeutung in den vorherigen Kapiteln begründet ist, beispiellose Chancen für einen erfolgreichen Schutz der Ökosystemfunktionen bieten würde.
Zusammenfassend liefert diese Arbeit überwältigende Hinweise für die negativen Auswirkungen von heutiger Landwirtschaft auf die Flussbiota, und identifiziert wichtige Einflussfaktoren, wie die Zusammenhänge zwischen den Auswirkungen der Landwirtschaft und dem Einsatz von Agrochemikalien, insbesondere Pestiziden. Daher ist zur Minderung dieser Auswirkungen ein Übergang von der heutigen Landwirtschaft zu nachhaltigeren Praktiken wie ökologischen Landwirtschaft oder Agrarökologie von entscheidender Bedeutung. Ein solcher Übergang wäre sowohl für die Zukunft von Landwirtschaft selbst als auch für den Schutz und die Wiederherstellung gesunder Ökosysteme von großer Bedeutung, einschließlich der erfolgreichen Umsetzung europäischer Umweltgesetzgebung wie des Naturrestaurationsgesetzes.