Altlasten stellen ein erhebliches Umweltproblem und eine Gefahr für Ökosysteme und das Grundwasser als wichtigste Trinkwasserressource dar. Allein in Deutschland sind über 19.000 Altlasten bekannt. Dabei bilden Kontaminationen durch leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe (LCKW) die am häufigsten zu sanierenden Grundwasserschadensfälle.
In der Altlastensanierung kommt als ergänzende oder alternative Maßnahme der natürlichen und/oder stimulierten Schadstoffminderung (Monitored Natural Attenuation – MNA bzw. Enhanced Natural Attenuation – ENA) eine zunehmende Bedeutung zu. Dabei spielt der mikrobielle Abbau eine besondere Rolle, da er den maßgebenden Vorgang für eine Umwandlung der Schadstoffe und so für eine tatsächliche und nachhaltige Reduzierung bildet.
Der aerob-produktive Abbau des hochchlorierten Ausgangsstoffs zahlreicher Grundwasserschadensfälle Trichlorethen (TCE) wurde erst vor kurzer Zeit nachgewiesen und stellt eine vielversprechende Möglichkeit zur Schadstoff-Elimination dar. Unter den Abbauwegen für Chlorethene zeigt er im Vergleich zur reduktiven Dechlorierung und dem co-metabolischen Abbau entscheidende Vorteile. Durch die direkte Umsetzung der Schadstoffe ist für eine Stimulierung des Bioabbaus keine Zugabe von Auxiliarsubstraten als Elektronendonator wie bei der Halorespiration bzw. als Wachstumssubstrat wie bei der co-metabolischen Umsetzung erforderlich. Die Schadstoffe werden direkt in anorganische Endprodukte umgesetzt ohne die Bildung von kanzerogenen, toxischen oder explosiven Metaboliten wie Vinylchlorid, Schwefelwasserstoff oder Methan. Weiterhin bestehen keine Konkurrenzreaktionen um den Verbrauch von Sauerstoff für die Umsetzung der Auxiliarsubstrate. Im Vergleich mit dem co-metabolischen Abbau kann mit der gleichen Menge Sauerstoff durch den produktiven Abbau die zehnfache Schadstoffmenge umgesetzt werden.
Die Stimulierung des metabolischen TCE-Abbaus kann als innovativer Lösungsansatz für die Sanierung belasteter Standorte dienen, an denen die natürlichen Schadstoffminderungsprozesse nicht oder nicht ausreichend aktiv sind. Im Hinblick auf eine erfolgreiche in-situ Stimulierung des aerob-produktiven TCE-Abbaus ist ein umfassenderes Verständnis des neuen Abbauweges notwendig.
Bisherige Felddaten deuten darauf hin, dass die Bakterien mit der Fähigkeit zum aerob-produktiven TCE-Abbau ausschließlich im schwäbischen Teil Baden-Württembergs vorkommen. Für die Altlastenpraxis ist die Ermittlung des ENA-Potentials durch Bioaugmentation an Standorten, an denen keine Hinweise auf einen natürlichen aeroben LCKW-Abbau vorliegen, von herausragender Bedeutung.
Bei der Bewertung des Stimulationspotentials sowie bei der Bewertung des natürlichen Schadstoffabbaus spielen Biomonitoring-Daten eine entscheidende Rolle. In Hinblick auf die Spezifität und Sensitivität von Biomonitoring-Methoden wie PCR, MPN oder Flowzytometrie fehlen jedoch Erfahrungen bzw. sind für den Nachweis der TCE-Verwerter noch keine Nachweismethoden entwickelt.
Ein weiterer bedeutender Punkt ist die Bewertung der Kinetik des neuen Abbauweges im Hinblick auf die Prognose der Fahnenentwicklung bei der Umsetzung einer ENA-Maßnahme. Hierfür stehen zwar numerische Modelle als wichtige Prognoseinstrumente zur Verfügung, die notwendigen kinetischen Abbau-Parameter als essentielle Eingangsgrößen wurden aber für den beschriebenen neuen Abbauweg bislang noch nicht ermittelt.
Zur vertiefenden Untersuchung des aerob-produktiven TCE-Abbaus sollen im Rahmen der Promotion anhand verschiedener Versuchsreihen in Batchansätzen und Säulenversuchen sowie der Anwendung von mikro- und ggf. molekularbiologischer Nachweismethoden folgenden Fragestellungen beantwortet werden:
1. Kommen die aerob-produktiven TCE-Verwerter auch außerhalb des schwäbischen Raumes vor?
2. Kann der aerob-produktive TCE-Abbau durch Bioaugmentation angeregt werden?
3. Welche Abbauraten sind zu erwarten (kinetische Abbauparameter)?
4. Wie können die beteiligten Mikroorganismen nachgewiesen werden?