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Ein Großteil der Wälder wird multifunktional genutzt, was potenziell zu Konflikten zwischen Forstwirtschaft und Naturschutz führen kann. Diskussionspunkte sind hier u.a. die Vereinfachung von Waldstrukturen und die effektive Vernetzung von Lebensräumen. Ein moderner, integrativer Naturschutzansatz, der solche Konflikte reduzieren kann, ist die Retentions-Forstwirtschaft. Dabei wird durch das Belassen von Strukturelementen bei der Holzernte eine gewisse Kontinuität der Waldzusammensetzung, Struktur und Funktionsweise angestrebt. Jedoch wurde dieses Konzept in borealen Waldsystemen entwickelt und wieweit sich die Erkenntnisse aus der borealen Kahlschlagwirtschaft auch auf temperate Hochwälder übertragen lassen ist bisher kaum bekannt.
Eine ökologisch wichtige Gruppe im Ökosystem Wald sind die Pilze. Diese treiben mehrere Ökosystemprozesse an (C-Kreislauf, N-Kreislauf, P-Kreislauf) und beeinflussen die Struktur der Artengemeinschaften von Pflanzen, Tieren und Bakterien über biotische Interaktionen. Darüber hinaus handelt es sich um eine sehr artenreiche Organismengruppe (ca. 14 000 Taxa in Deutschland), die bislang nur ungenügend untersucht wurde. Gleichzeitig sind viele Pilzarten durch den Einfluss des Menschen ernsthaft bedroht, als Gründe werden in der „Roten Liste“ unter anderem der Mangel an alten Waldbeständen und starkem Biotopholz sowie die Umwidmung von Naturflächen angegeben.
In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Graduiertenkolleg ConFoBi (Conservation of Forest Biodiversity in Multiple-Use Landscapes of Central Europe) wird mehrskalige, ökologische Forschung zur Diversität in Wäldern betrieben und mit sozialen und ökonomischen Studien zum Erhalt dieser Biodiversität kombiniert. Der Fokus von ConFoBi liegt dabei auf der Überprüfung der Wirksamkeit von Retentions-Maßnahmen, speziell im Hinblick auf Habitatbäume und Totholz. Dabei wird eine Vielzahl von Organismengruppen abgedeckt. Jedoch werden Pilze, die im Ökosystem Wald mehrere wichtige Funktionen erfüllen bislang nicht bearbeitet. Auch gibt es bisher nur wenige Studien, die Effekte der Retentions-Forstwirtschaft auf Pilze untersuchen. Dabei sind evidenzbasierte Managementstrategien für den Erhalt der Biodiversität im Wald unerlässlich.
In diesem Projekt wird im Rahmen der bereits etablierten Forschungsinfrastruktur von ConFoBi deshalb der Effekt der strukturellen Komplexität von bewirtschafteten Wäldern auf mehreren räumlichen Ebenen auf die Pilzvielfalt untersucht. Dazu sollen klassische pilzkundliche Methoden mit modernen molekularen Ansätzen verbunden werden. Schließlich werden die in diesem Vorhaben erfassten Pilzarten mit den vorliegenden Diversitätsdaten aus ConFoBi verschnitten, um Zusammenhänge zwischen der Diversität der Pilze und der Diversität anderer Organismengruppen zu untersuchen.