Promotionsstipendium: Lara Luisa Petschick

Optimierte Nutzung verfügbarer Umweltdaten für die Bewertung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln

Umweltrisikobewertung von Pestiziden

Pflanzenschutzmittel (PSM) werden vor ihrer Zulassung einer aufwändigen und komplexen Umweltrisikobewertung unterzogen. Dafür wird die zu erwartende Exposition mit einer Effektkonzentration abgeglichen, aus der sich unter Verwendung eines Sicherheitsfaktors ein regulatorischer Schwellenwert bilden lässt (Regulatory threshold level, RTL). Diese RTL können u.a. wissenschaftlich genutzt werden, um Umweltkonzentrationen von PSM zu überprüfen und in einen ökologischen und regulatorischen Kontext zu setzen. Dabei stellt die Verwendung der RTL ein neues und sehr vielversprechendes Konzept dar, welches in ersten Studien zur Auswertung der Überschreitungshäufigkeit von RTL in Oberflächengewässern für Insektizide angewendet wurde. Gewässer sind hierbei von besonderer Relevanz, da sie eine zentrale Rolle im Wasserkreislauf spielen, wichtige Ökosystemdienstleistungen erfüllen und eine hohe Biodiversität aufweisen, gleichzeitig aber gegenüber PSM exponiert sind. Trotz der komplexen Regulierung gibt es aktuell vermehrt Hinweise darauf, dass negative Effekte auf die Biodiversität in Gewässern auftreten und RTL zumindest für Insektizide regelmäßig überschritten werden. Bisher vorliegende Studien legen also nahe, dass die Umweltrisikobewertung von PSM nicht hinreichend protektiv ist. Die bisherigen Studien umfassen jedoch nur ein geringes Substanzspektrum (~30 Insektizide), sodass derzeit z.B. keine Aussagen für andere Substanzgruppen getroffen werden können, was jedoch von hoher umweltpolitischer Relevanz wäre. Das Hauptproblem stellt dabei die aufgrund der schlechten Zugänglichkeit aufwändige Recherche von RTL dar, sodass bislang nur RTL für wenige Substanzen vorliegen.

Hier setzt mein Promotionsprojekt mit seinen drei Teilzielsetzungen und Teilprojekten (TP) an.

TP1: Das RTLe-Modell: In diesem TP wurde die methodische Grundlage der Arbeit erstellt, nämlich die Entwicklung eines Modells zur automatischen Ableitung konservativer RTL-Werte (RTL-Äquivalente, sog. RTLe) aus verfügbaren Toxizitätsdaten (Effektdaten aus Datenbanken der US EPA) von PSM für aquatische Organismen. Die Ergebnisse dieses Teilprojektes konnten bereits open access publiziert werden (Petschick et al., 2019).

TP2: Untersuchung der Datenbasis: Dieses TP geht der Frage nach, ob die verfügbaren Effektdaten (Datenbanken und Zulassungsdossiers) repräsentativ in die Risikobewertung einfließen oder durch eine ggf. gerichtete Auswahl ein sog. Selection bias entsteht, ob also die regulatorische Umweltrisikobewertung zu einem anderen Ergebnis kommen würde, wenn vorliegende Ergebnisse weiterer wissenschaftlicher Arbeiten einbezogen würden. Hier gewonnene Erkenntnisse werden für die Konstruktion abgewandelter RTLe* genutzt.

Darüber hinaus wird die Herleitung von Schwellenwerten optimiert, um RTLe* nicht nur für die aquatische Umwelt, sondern für unterschiedliche, in der Risikobewertung Beachtung findende Organismengruppen herzuleiten, sodass das Risiko verschiedener Substanzklassen für diverse Nicht-Zielorganismen aufgeschlüsselt interpretiert werden kann.

TP3: RTL-basierte Bewertung von Expositionsdaten: Dieses TP zielt darauf ab, die in TP1 und TP2 generierten RTLe und RTLe* zu verwenden, um beispielhaft bereits vorliegende bzw. noch zu recherchierende Expositionsdaten für PSM in Gewässern für eine Bewertung des tatsächlichen Risikos im Freiland zu nutzen. Das Ergebnis des Abgleichs von RTLe und RTLe* soll zudem genutzt werden, um die Annahmen der etablierten regulatorischen Risikobewertung zu überprüfen.

AZ: 20019/593

Zeitraum

01.06.2019 - 31.08.2023

Institut

Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) Institut für Umweltwissenschaften

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Betreuer

Prof. Dr. Ralf Schulz