Numerische Simulation und Analyse neuartiger Grenzschichten für höchsteffiziente Siliziumsolarzellen
Die Transformation des weltweiten Energiesystems hin zu 100% erneuerbarer Energien erfordert unter anderem die Entwicklung kostengünstiger und höchsteffizienter Photovoltaikanlagen. Siliziumsolarzellen basierend auf sogenannten passivierenden Kontaktsystemen sowie Tandemsolarzellen werden als die nächsten großen Entwicklungsschritte angesehen und verzeichnen bereits beachtliche Erfolge im Labor und auf industrieller Ebene. Allerdings stellen sich neue Herausforderungen auf dem Weg von konventionellen Solarzelltechnologien (d.h. der PERC Technologie) hin zu passivierenden Kontakten und Tandemsolarzellen: Da diese typischerweise aus mehreren Dünnschichtsystemen bestehen, rücken sowohl die damit verbundenen parasitären Absorptionsverluste als auch der nicht-triviale Ladungsträgertransport an den jeweiligen Grenzflächen (inklusive des Tunneltransports) in den Fokus der Zellentwicklung. Um die Forschung und Entwicklung dieser Hocheffizienzsolarzellen der kommenden Generation voranzutreiben, werden unter anderem auch präzise Simulationsmodelle benötigt.
Die vorliegende Dissertation beinhaltet eine umfangreiche Untersuchung höchsteffizienter Siliziumsolarzellen mittels numerischer Simulation und beschäftigt sich mit deren Integration als Unterzelltechnologie in neuartigen Perowskit-Silizium Tandemsolarzellen. Die Arbeit umfasst detaillierte optoelektrische Zellsimulationen basierend auf neuesten physikalischen Modellen und untersucht die relevantesten Solarzellenkonzepte mit passivierenden Kontakten, wie beispielsweise die tunneloxidpassivierenden Kontakte (TOPCon) oder Siliziumheterostrukturen (SHJ) mit dotiertem amorphem Silizium sowie alternative Metalloxid-basierte Kontaktschichten.
Die Beschreibung solcher Zellen konnte im Rahmen dieser Arbeit durch zwei wesentliche wissenschaftliche Beiträge verbessert werden: Zum einen wurde eine experimentell validierte Parametrisierung der freien Ladungsträgerabsorption in dotierten (polykristallinen) Siliziumschichten in die optischen Simulationsmodelle implementiert, die eine akkurate Beschreibung der parasitären Verluste in passivierenden Kontakten wie beispielsweise TOPCon ermöglicht. Zum anderen wurde ein ausgereiftes semi-klassisches Defektstellen-basiertes Tunnelmodell (trap-assisted tunneling, TAT) in die elektrischen Simulationen implementiert, welches den komplexen Ladungsträgertransport in passivierenden Kontakten wie SHJ Zellen abbilden kann. Basierend auf diesen Neuerungen kann die vorliegende Arbeit einige Errungenschaften zum wissenschaftlichen Diskurs beisteuern:
Alle genannten Themengebiete wurden in enger Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) erarbeitet, welche die jeweiligen experimentellen Teststrukturen in hochmodernen Laboren entwickeln. Somit ist sichergestellt, dass die vorliegende Arbeit nicht von rein theoretischer Natur ist, sondern vielmehr gekoppelt an aktuelle experimentelle Herausforderungen sowie technologische Beschränkungen. Zusätzlich ermöglicht die simulative Arbeit Potenzialabschätzungen zukünftiger Verbesserungen und ist daher hochrelevant für die aktuelle Forschung und Entwicklung der kommenden Generation von Siliziumzelltechnologien.