Promotionsstipendium: Tristan Eckerter

Naturschutzfachliche Eignung von lichten Wäldern als Lebensraum von bedrohten Wildbienen und Wespen im Vergleich zum Wirtschaftswald in 30 ausgewählten Flächen im Nord- und Südschwarzwald

Naturschutzfachliche Eignung von lichten Wäldern als Lebensraum von bedrohten Wildbienen und Wespen

Naturschutzfachliche Eignung von lichten Wäldern als Lebensraum von bedrohten Wildbienen und Wespen im Vergleich zum Wirtschaftswald

Die Biomasse (Hallman et al. 2017) als auch die Diversität (Seibold et al. 2019) von Insekten sind rückläufig. In untersuchten temperaten Wäldern ist die Biomasse von Insekten seit 2008 um 40% gesunken (Seibold et al. 2019).  Innerhalb der Insekten gehören Hautflügler (Hymenopteren) mit bisher ca. 154 000 beschriebenen Arten zur artenreichsten Familie (Aguiar et al. 2013). Sie sind ein Schlüsselelement um die Biodiversität anderer Insektengruppen zu erhalten (Lasalle and Gauld 1993) und machen die große Mehrheit der sozial organisierten-, parasitoiden-, spezialisierten prädatoren- und herbivoren Insekten aus (Austin and Dowton 2000). Weiterhin übernehmen sie wichtige Rollen in Ökosystemen, wie die Bestäubung von Blütenpflanzen (Apoidae) und die biologische Kontrolle von Schadorganismen (Vespoidae) (Austin und Downton 2000).

Die Bestäubung von Blütenpflanzen wird als eine Schlüsselrolle zum Erhalt der Funktionalität in Ökosystemen gesehen (Abrol, 2012). In den gemäßigten Breiten sind ca. 78% der Blütenpflanzen auf die Bestäubung von Insekten angewiesen (Ollerton, 2012). Bienen (Hymenoptera, Apoidae) zählen dabei zur wichtigsten Bestäubergruppe (Winfree, 2010). Um die Bestäubungsdienstleistung zu gewähren ist eine abundante und artenreiche Wildbienenlebensgemeinschaft essentiell (Lowenstein et al. 2015; Kremen et al. 2002; Steffan-Dewenter et al. 2005). Weltweit jedoch, kann ein Rückgang der Artenvielfalt der Bienen beobachtet werden (Bartomeus et al. 2013; Biesmeijer et al. 2006; Burkle et al. 2013; Potts et al. 2010). In Deutschland sind über 50% der ~565 Arten gefährdet (Westrich et al. 2011). Der Verlust an geeigneten Habitaten und der Einsatz von Pestiziden gelten dabei als wichtige Triebkräfte im Rückgang der Wildbienen (Steffan-Dewenter & Tscharntke; 1999; Larsson & Franzen, 2007; Potts et al. 2010; IPBES, 2016). Durch den Nutzen von Bestäubern für die Produktion von Nahrungsmitteln (Klein et al. 2007) wurde die Abundanz und Artenreichtum von Wildbienen in den letzten 20 Jahren vermehrt in Agrarlandschaften und urbanen Systemen untersucht (für Agrarlandschaften z.B. Tscharntke et al. 2005; Ollerton et al. 2014; Winfree et al. 2018; Beyer et al. 2020; Du Clos et al. 2020; für urbane Systeme z.B. Lanner et al. 2020; Staab et al. 2020).

Neben den Bienen sind auch Schwebfliegen wichtige Bestäuber von Blütenpflanzen (Ssymank et al. 2008; Orford et al. 2015). In manchen Fällen so wichtig wie Bienen (Forup et al. 2008). Als Teil eines Landschaftsmosaiks erhöhen Wälder die Diversität und Abundanz von Wildbienen und Schwebfliegen (Watson et al. 2011; Schüepp et al. 2014; Proesmans et al. 2019). Da Bestäuber auf geeignete Nist-, Nahrungsressourcen und Nistmaterial angewiesen sind, (Wetstrich 1996) sind sie reaktiv auf Eingriffe, die diese Parameter beeinflussen. Jedoch zeigen Schwebfliegen andere Reaktionen auf Habitatveränderungen als Wildbienen (Jauker, 2009). Forstarbeiten wie Einzelbaumentnahme (Taki et al. 2010), Gruppenfällungen (Roberts et al. 2017) und kontrolliertes Brennen (Campell et al. 2018) können Wildbienen in Wäldern fördern. Auch akkumuliertes Totholz und offene Bodenstellen können Bienen in Wäldern fördern, da sie das Potential für geeignete Nistplätze erhöhen (Hanula et al. 2016). Aus diesem Grund können auch späte Sukzessionsstadien in Wäldern wichtig für einige Bienenarten sein (Taki et al. 2007; Winfree et al. 2007). Das bedeutet die aktive Restauration von Wäldern, d.h. die Schaffung von Lücken im Bestand und die Akkumulation von Totholz, welche die natürlichen Prozesse in Wäldern beschleunigen und simulieren soll, könnten Wildbienen fördern. Die aktive Restauration in Wäldern und die Implikationen für den Wildbienenschutz sind jedoch nicht gut untersucht (siehe aber Breland et al. 2018).

Um den Einfluss von Forstmanagement und Umweltvariablen auf die Abundanz und Diversität von Bestäubern besser zu verstehen und um mögliche Maßnahmen zur Habitatverbesserung abzuleiten, habe ich als Teil meiner Dissertation Bienen auf verschiedenen Wald-Bewirtschaftungsformen aufgenommen. Diese 45 Flächen sind Teil des FFK-Projekts der FVA. Des Weiteren wurde auf 12 Flächen im Nationalpark Schwarzwald untersucht, inwiefern eine Restauration in Wäldern zur Steigerung der Abundanz und Diversität von Wildbienen genutzt werden kann. Die Forschungsfragen waren:

 

  • Gibt es einen Einfluss von kleinskaligen Restaurationsmaßnahmen auf die Abundanz und Diversität von Wildbienen in temperaten Wäldern?
  • Welche Umweltvariablen beeinflussen die Abundanz und Diversität positiv und wie kann dies zur Habitataufwertung genutzt werden?
  • Werden Wälder auch von Offenlandarten genutzt?

Um die systematische Erschließung der Wälder in Deutschland zu ermöglichen, sind diese von Forststraßen von einer Gesamtlänge von etwa 512.000 km durchzogen (BMEL, 2017). Im Gegensatz zu dichten Waldbeständen, weisen Straßen einen erhöhten Lichteinfall, eine höhere Diversität an Gefäßpflanzen und einen höheren Anteil an offenen Bodenstellen auf (Avon et al. 2010; Watkins et al. 2003; Wojcik und Buchmann 2012). Dies deutet darauf hin, dass Forststraßen in Wäldern geeignete Nahrungs- und Nistressourcen für Wildbienen darbieten könnten. Bislang wurden Forststraßen in Wäldern jedoch nur bedingt untersucht (Berg et al. 2011) und ihre Rolle als Ausbreitungskorridor und Nahrungsquelle sind nicht geklärt (Hanula et al. 2016; Rivers et al. 2019).

 

  • Benutzen auch Offenlandarten Forststraßen als Nahrungsquelle?
  • Lässt sich die Abundanz und der Artenreichtum möglicher Offenlandarten durch die umgebende Landschaftsmatrix erklären?
  • Inwiefern beeinflusst die Blütenfläche bestimmter Pflanzenarten die Abundanz und den Artenreichtum an Wildbienen?

 

Hohlraumnistende Hymenoptera wurden häufig als Modell-Systeme verwendet, um trophische Interaktionen in verschiedensten Lebensräumen zu untersuchen (Klein et al. 2008; Steffan-Dewenter und Schiele 2008; Staab et al. 2018). Dies liegt daran, dass Nisthilfen ermöglichen, Bienen- und Wespen-Lebensgemeinschaften direkt in den Lebensräumen zu untersuchen, in denen sie sich fortpflanzen können (Tscharntke, 1998). Außerdem ist es leicht zu bewerkstelligen (Sobek et al. 2009), indem Nistressourcen in die Landschaften ausgebracht und später untersucht werden. Untersuchungen zeigen, dass die Abundanz, nicht aber die Diversität von hohlraumnistenden Bienen, Wespen und den natürlichen Gegenspielern entlang eines Baum-Diversitätsgradienten zunimmt (Sobek et al. 2009). Bisher wurden temperate Nadelwälder aber nur selten Gegenstand von Untersuchungen mit Nisthilfen (siehe Rubene et al. 2015 für boreale Nadelwälder; Staab et al. 2018).

Die Nähe zu Waldhabitaten erhöht die Abundanz und Diversität von Hohlraumbrütenden Wespen in landwirtschaftlichen Habitaten (Holzschuh et al. 2009) und könnte damit die biologische Kontrolle von Wespen auf die umliegende Landschaft erhöhen (Tscharntke et al. 2005).

 

  • Gibt es einen Unterschied in den Parasitierungsraten bei unterschiedlichem Forstmanagement?
  • Gibt es Unterschiede in den Fortpflanzungsraten bei unterschiedlichem Forstmanagement?

 

 

Die so gewonnenen Erkenntnisse können als Grundlage naturschutzfachlicher Beurteilungen von Wäldern für Wildbienen und Wespen dienen und die Wichtigkeit von Waldnutzungsarten für einzelne Artengruppen beleuchten. Der Erfolg von konkreten Maßnahmen zur Lebensraumverbesserung wird untersucht, woraus sich Empfehlungen für das Management von Wäldern gewinnen lassen.

AZ: 20018/561

Zeitraum

01.01.2019 - 31.12.2021

Institut

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften Professur für Naturschutz und Landschaftsökologie

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Betreuer

Prof. Dr. Alexandra-Maria Klein