Promotionsstipendium: Jan Zerche

Distributed Ledger als Instrument des Energiewirtschaftsrechts – Rechtliche Möglichkeiten und Grenzen

Distributed Ledger als Instrument des Energiewirtschaftsrechts

Die umweltverträgliche Energieversorgung mit einem hohen Erzeugungsanteil an erneuerbaren Energien soll zum Rückgrat einer nachhaltigen Daseinsvorsorge werden. Noch will dem Gesetzgeber allerdings der Schulterschluss mit der Demokratisierung der Energiewende nicht recht gelingen: Unmittelbarer Handlungsdruck ergibt sich dabei nicht nur aus den ambitionierten Zielen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wie etwa ein Anteil von aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch von 55 bis 60 Prozent bis 2035. Schließlich sollen nach dem Auslaufen des gesetzlichen Vergütungsmodells die Erzeugungskapazitäten der Erneuerbare-Energien-Anlagen auch ohne eine umfassende staatliche Förderung verfügbar sein. Vor diesem Hintergrund erforscht das Promotionsvorhaben mit dem Titel Distributed Ledger als Instrument des Energiewirtschaftsrechts – Rechtliche Möglichkeiten und Grenzen eine wichtige, wenn nicht sogar die wichtigste Herausforderung der Energiewende: die reibungslose Integration des Prosumers in das Energieversorgungssystem, id est eines Energieverbrauchers, der erneuerbare Elektrizität nicht nur konsumieren, sondern auch produzieren kann.

Auf der Basis dezentraler Programmsysteme (Distributed Ledger), die eine Datenbasis auf verschiedenen Knoten eines Rechnernetzwerks verteilt archivieren, können sich Prosumer zu regionalen und innovativen Peer-to-Peer-Energiegenossenschaften vereinen. So können dezentrale Marktakteure in eine unmittelbare Handelsbeziehung miteinander treten, um regional erzeugten Strom abzunehmen oder zu veräußern – ohne dabei einen vertrauenswürdigen Dritten (z.B. ein Energieversorgungsunternehmen oder einen Energiehändler) einbinden zu müssen. Andererseits können die mit der Gewährleistung von Systemsicherheit und -zuverlässigkeit betrauten Netzbetreiber mithilfe von dezentralen Energiedatenregistern zunehmend automatisiert operieren.

Der rechtswissenschaftliche Diskurs lässt eine vertiefte Untersuchung der energiewirtschaftlichen und der datenschutzrechtlichen Implikationen im Zusammenhang mit der Distributed-Ledger-Technologie allerdings bisher vermissen. Das Dissertationsvorhaben verfolgt daher das Anliegen, diese Forschungslücke zu schließen und konkrete Gestaltungsempfehlungen auszusprechen, die die innovative Technologie mit dem vorgefundenen Rechtsrahmen versöhnen können. Die Untersuchung verfolgt daneben aber auch ein weiteres Ziel, das auf das vierte Energiepaket Clean Energy for All Europeans der Europäischen Kommission vom 30.11.2016 zurückgeht. Getrieben von der Motivation, die Funktion des aktiv am Marktgeschehen teilnehmenden Energieverbrauchers (Prosumers) zu fördern, schafft der europäische Gesetzgeber erstmals eine eigene Rechtsposition – ohne deren Anwendungsbereich und Rechtskreis konkret zu umreißen. Die Analyse will daher zudem aufzeigen, wie sich die Handlungsmöglichkeiten zu den energieregulatorischen Grundlagen verhalten, um damit nicht nur den Entwicklungspfad für verteilte Registertechnologien, sondern für vielfältige, alternative Energieversorgungsmodelle zu zeichnen.

AZ: 20018/556

Zeitraum

01.07.2018 - 31.10.2020

Institut

Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Lehrstuhl für Verwaltungswissenschaft, Staatsrecht, Verwaltungsrecht und Europarecht

Betreuer

Prof. Dr. Mario Martini