Holzartenidentifizierung von Holzkohle/-Briketts zur Vermeidung des illegalen Holzeinschlages
Die Herstellung und Nachfrage nach Holzkohle hat in den letzten Jahren global zugenommen. Nach Recherchen der FAO und NGOs kochen und heizen ca. 2,7 Milliarden Menschen mit Holz bzw. Holzkohle. In Europa werden jedes Jahr ca. 800.000 Tonnen Holzkohle zum Grillen verwendet und Daten des Statistischen Bundesamtes belegen, dass der Verbrauch in Deutschland in den letzten Jahren von etwa 150.000 t (2002) auf 250.000 t (2016) angestiegen ist.
Aktuelle Recherchen und Berichte der Umweltverbände und Medien (zum Beispiel ZDF Frontal, NDR Panorama oder 3SAT Dokumentation Klimakiller Holzkohle) weisen in diesem Kontext darauf hin, dass die für das Grillvergnügen verwendete Holzkohle/-Briketts nicht –wie allgemein angenommen-aus heimischen Wäldern oder zumindest aus Europa stammt, sondern zu ca. 70 % aus dem EU-Ausland importiert wird und im großen Umfang auch tropische Hölzer enthält. Die in Westafrika und Südamerika zu Kohle verarbeiteten Hölzer stammen dabei häufig aus Naturwäldern ohne den Nachweis einer Zertifizierung bzw. legalen Nutzung. Weiterhin kann festgestellt werden, dass die als Europäische Holzkohle deklarierten Sortimente häufig Beimischungen von Tropenhölzern enthalten.
Die Veröffentlichung dieser Fakten in den Medien führte in den letzten beiden Jahren zu intensiven öffentlichen und politischen Diskussionen. In einer Presseerklärung des BMEL vom 29. Juli 2016 hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bereits appelliert beim Kauf und Handel von Holzkohle auf deren Nachhaltigkeit zu achten, nachdem die ersten Ergebnisse des Thünen-Instituts für Holzforschung über falsch deklarierte Holzkohle-Sortimente für eine Verbraucherschutz-organisation in Österreich veröffentlicht wurden. Weiterhin hat Minister Schmidt in der Presseerklärung mitgeteilt: „Ich setze mich in Brüssel dafür ein, dass Holzkohle mit in die EU-Holzhandelsverordnung aufgenommen wird und damit sichergestellt ist, dass sie aus legalen Quellen stammt.“ Diese Absicht wurde im Rahmen einer weiteren Presseanfrage vom 02. August 2017 an das BMEL wiederholt und bekräftigt: Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat sich klar für die Aufnahme von Holzkohle sowie weiterer Holzprodukte in die EU-Holzhandelsverordnung ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund wird derzeit geprüft, ob neben Brennholz, das seit März 2013 der Europäischen Holzhandelsverordnung (EUTR) unterliegt, auch Holzkohle und Holzkohlebriketts aufgenommen werden.
Eine Aufnahme von Holzkohle/-Briketts in die Liste der Holzerzeugnisse, die der EUTR unterliegen, würde bedeuten, dass die Hersteller und Importeure konkrete und nachvollziehbare Angaben für die verwendeten Hölzer (mit Angabe der botanischen Arten) und Herkünfte (sog. Sorgfaltspflichten) machen müssten. Diese Angaben werden in Deutschland im Rahmen des Holzhandelssicherungsgesetzes (HolzSiG) von der zuständigen Kontrollbehörde der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) staatlich überprüft.
Infolge dieser intensiven medialen und öffentlichen Wahrnehmung hat das Thünen-Kompetenzzentrum Holzherkünfte bereits in 2017 zahlreiche Anfragen von Händlern (v.a. aus dem Bereich der Discounter) und Importeuren erhalten, die freiwillig ihre Sortimente in Bezug auf die angegebenen Deklarationen prüfen lassen, um auch eine Verbrauchertäuschung auszuschließen. Die Ergebnisse der Prüfungen von ca. 150 Sortimenten haben ergeben, dass etwa 30 % der Sortimente nicht korrekt deklariert waren. Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Anfragen auch in diesem und den kommenden Jahren stark ansteigen werden, da die Überprüfung der Holzkohlesortimente weiterhin im Fokus der Umweltverbände liegt und zunehmend internationale Händler Prüfaufträge einreichen.
Die Erfahrungen aus den bisherigen Untersuchungen am Thünen-Kompetenzzentrum Holzherkünfte zeigen, dass für die Holzartenbestimmung bei Holzkohle und Briketts ein hoher zeitlicher und methodischer Aufwand benötigt wird und die Referenzen für die Identifizierung von Tropenhölzern in Holzkohle (dringend) erweitert werden müssen. Weiterhin unterscheiden sich die Methoden zur anatomischen Bestimmung von Holzkohle/-Briketts von denen der klassischen Holzartenbestimmung von Massivhölzern, da das Gewebe durch den Verkohlungsprozess stark zersetzt/komprimiert wird und keine ebenen (planen) Schnittpräparate hergestellt werden können. Durch die Verkohlung verändern sich zudem die makroskopischen und mikroskopischen Identifikationsmerkmale, wie beispielsweise die Farbe, die Dichte und Merkmale der Feinstruktur etc., sodass die Anzahl der diagnostischen Merkmale erheblich reduziert ist bzw. ihre Wertigkeit sorgfältig evaluiert werden muss. Dies gilt insbesondere für die Bestimmung von tropischen Hölzern aus Familien und Gattungen, die viele individuelle Arten mit ähnlichen Strukturmerkmalen besitzen, z.B. aus den Familien der FABACEAE und SAPOTACEAE.
Das Thünen-Institut arbeitet derzeit an einer neuen Methode, basierend auf 3D-Auflichtmikroskopie, um die Holzartenidentifizierung (Koch et al. 2015, Koch et al. 2016) von Holzkohle zu optimieren und international für andere Prüfinstitute nutzbar zu machen. Dafür sind eine Weiterentwicklung der methodischen Vorgehensweise und die Bereitstellung einer Bild-Datenbank mit Beschreibung der diagnostischen Strukturmerkmale notwendig. Im Rahmen der Promotionsarbeit sollen dabei folgende Aufgaben und Ziele bearbeitet und umgesetzt werden:
1. Untersuchung und Beschreibung der anatomischen Holzstrukturen der zur Holzkohleherstellung verwendeten Holzarten regionaler Märkte führender Produktionsregionen (Osteuropa, Südamerika, Südostasien und Afrika) auf Basis der 3DAuflichtmikroskopie.
2. Kontrollierte Verkohlungsversuche und systematische Erfassung der hierbei entstehenden Artefakte in Bezug auf die anatomischen Strukturmerkmale der Holzkohle unter Anwendung der 3DAuflichtmikroskopie.
3. Anfertigung einer Merkmalsliste zur Holzartenbestimmung von Holzkohle und regionaler Zuordnung borealer/gemäßigter Breiten sowie subtropischer-/tropischer Breiten von Holzkohle.
4. Ausarbeitung von digitalen Datenblättern basierend auf der Auswertung von anatomischen Strukturmerkmalen (anatomischer Fingerabdruck) für die Herstellung von Holzkohle genutzter Wirtschaftsbaumarten, die von internationalen Prüfungseinrichtungen und bei Zollkontrollen etc. für die Identifizierung von Holzkohle und Holzkohlebriketts genutzt werden können.
Ziel dieser Arbeit ist es, mit den Forschungsergebnissen die methodischen und wissenschaftlichen Grundlagen für die Bestimmung und Prüfung von Holzkohle gemäß den Anforderungen und Richtlinien der EUTR zu erarbeiten und damit den Schutz bedrohter Baumarten zu fördern.