Generierung und Untersuchung von bioabbaubaren Antibiotika-Derivaten
Antibiotika sind eine der wichtigsten Innovationen im Bereich der Medizin. Sie gehören in Deutschland zu den umsatzstärksten Arzneimitteln, deren Verbrauch in den letzten Jahren weltweit enorm gestiegen ist. Korrelierend zum hohen Verbrauch der Antibiotika ist eine stetig steigende Konzentration im Abwasser und in der Umwelt zu verzeichnen. Die Wirkstoffe wurden im Lauf der Zeit u.a. dahingehend optimiert, dass sie möglichst stabil sind, um die Lagerung zu vereinfachen und die Verteilung sowie Wirkung im Körper zu gewährleisten. Eine hohe pharmazeutische Stabilität geht jedoch mit einer langen Lebensdauer in der Umwelt (Persistenz) einher. Die Elimination der Substanzen in Kläranlagen ist kaum umsetzbar aufgrund der hohen Diversität an Spurenschadstoffen und ineffektiven Abwasserbehandlungen, die oft zu neuen Problemen führen.
Antibiotika hemmen per Definition das Wachstum von Bakterien und haben somit ein großes Potential, Ökosysteme und deren Funktionen zu stören, sobald sie sich in der Umwelt anreichern. Weiterhin tragen Antibiotika in der Umwelt und in Kläranalgen nachweislich zur Resistenzbildung in Bakterien bei. Resistente Keime werden zu einem immer größeren Gesundheitsrisiko für die Menschheit und sorgen bereits jetzt für ca. 700.000 Todesfälle pro Jahr. Daher betonte u.a. die WHO als auch das UBA die Dringlichkeit eine weitere Resistenzbildung einzudämmen.
Die Anwendung des „Benign by design“ Konzeptes in Bezug auf die Wirkstoffentwicklung ist ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, um Wasserressourcen und Ökosysteme vor einer fortwährenden Verschmutzung zu schützen, sowie die Bildung von (multi-)resistenten Mikroorganismen zu stoppen.
Konkretes Ziel ist daher die Entwicklung einer pharmakologisch aktiven Substanz, welche während der gewünschten Wirkdauer im Körper stabil ist, aber anschließend im Körper und/oder der Umwelt in ein nicht mehr aktives Derivat abgebaut oder im besten Fall vollständig mineralisiert wird. Dafür werden im Rahmen des vorgestellten Promotionsvorhabens potentiell aktive Derivate mittels non-target Synthese (Oxidation) hergestellt, mittels hochauflösender Analytik untersucht und anschließend biologisch abbaubare Verbindungen identifiziert. Die Bestätigung ihrer pharmakologischen Eigenschaften und Aktivität soll anschließend mittels in silico Methoden überprüft werden, sowie vielversprechende Derivate auch in vitro getestet werden. Die dabei gewonnenen Ergebnisse sollen Rückschlüsse auf Strukturmerkmale geben, die biologische Abbaubarkeit bei gleich bleibender oder verbesserter Aktivität ermöglichen, um in die nachhaltige Wirkstoffentwicklung einzufließen.
Dieses Projekt soll zeigen, dass die Kombination aus Umweltchemie, Analytik und Chemieinformatik ein universellen Framework bieten kann, um bekannte Medikamente zu redesignen und umweltfreundlichere Derivate zu erzeugen, ohne deren pharmakologische Aktivität zu verlieren.