Wiederholungsuntersuchung zur Veränderung der Totholzkäferfauna in Naturwaldreservaten
In Deutschland zählen Wälder und ihre Artengemeinschaften zu den prägenden Lebensräumen. Totholzkäfer eignen sich aufgrund ihrer vielfältigen Spezialisierungen und enormen Artenvielfalt besonders gut für zoologische Zustandsuntersuchungen. Die besonders artenreichen, bereits 1996/97 untersuchten Reservate „Mörderhäufel“ und „Stuttpferch“ im Bienwald (Rheinland-Pfalz) wurden 2018/19 mit dem gleichen Methodendesign wie bei der ersten Bestandserfassung untersucht, um eine Effizienzkontrolle des Naturwaldreservatkonzepts auf Basis einer komparativen Wiederholungsuntersuchung durchzuführen und so mögliche Veränderungen der Fauna zu dokumentieren. Vergleichend dazu wurden zwei Wirtschaftswaldflächen mit dem standardisierten Methodensatz untersucht sowie die Kronenfauna in allen Flächen mit Kronenlufteklektoren.
Insgesamt wurden 2018/19 in 554 Proben 121.881 Käfer in 1.474 Arten erfasst und bis zur Art bestimmt. In den Reservaten Stuttpferch und Mörderhäufel wurden bei der aktuellen Erfassung mit einem breiten Standardmethodenset deutlich mehr Totholzkäferarten festgestellt (389 bzw. 372) als während der Erstuntersuchung (311 bzw. 304). Verhältnismäßig wenigen nicht wiedergefundenen Arten (16 %), steht eine hohe Wiederfundquote (52 %) sowie eine große Anzahl an Neufunden (32 %) gegenüber, darunter ein erheblicher Anteil seltener und gefährdeter Spezies. Die Ergebnisse unterstreichen, dass die Naturwaldreservate ihren Schutzzweck erfüllen. Die Artzuwächse sind dabei vor allem auf die steigende Habitatqualität zurückzuführen. Ein signifikanter Anstieg durch die Zuwanderung südeuropäischer Arten im Zuge der menschgemachten Klimaerwärmung konnte nicht festgestellt werden. Aufgrund naturschutzverträglicher Bewirtschaftung und höherer Besonnung sind in den Wirtschaftsvergleichsflächen marginal höhere Totholzkäfer-Artenzahlen (396 bzw. 410) festgestellt worden. Die standardisierte Erfassung der Kronenfauna hat dazu beigetragen 10 % neue Arten pro Fläche nachzuweisen, bei der Hälfte hiervon handelt es sich um Arten der Roten Liste. Eine umfangreiche Arbeit zu den Urwaldreliktarten, Bioindikatoren für Wälder mit hoher Habitattradition und Strukturvielfalt, in Rheinland-Pfalz rundet die Dissertation ab und beleuchtet Ökologie, Verbreitung sowie Gefährdungslage und gibt darüber hinaus Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen. Dazu wurde eine Datenbank mit 1.850 Funden (4.383 Individuen, 64 Urwaldreliktarten) aus Privat- sowie Museumssammlungen, Internet-Datenbanken und Literatur erstellt und ausgewertet.