Promotionsstipendium: Stefanie Erhardt

Das Vorkommen des Gartenschläfers (Eliomys quercinus) in unterschiedlichen Lebensräumen und deren Einfluss auf seine Überlebensfähigkeit

Populationsökologie und Überlebensfähigkeit des Gartenschläfers

Der in Europa heimische Gartenschläfer (Eliomys quercinus) ist ein kleiner nachtaktiver Nager aus der Familie der Bilche (Gliridae). In den letzten 20-30 Jahren ist sein Vorkommen um ca. 50 % zurückgegangen. Die Gründe hierfür sind bislang unklar. Deutschland trägt eine besondere Verantwortung für den Schutz dieser Art, da 10 % der Fläche, auf welcher der Gartenschläfer vorkommt, in Deutschland liegen.

Hier kommt er in unterschiedlichen Lebensräumen vor, als Kulturfolger im Siedlungsbereich, Gärten oder Weinbergen, aber auch in den Hochlagen der Mittelgebirge. Baden-Württemberg liegt im Hauptverbreitungsgebiet des Gartenschläfers, hier ist er häufig in den Hochlagen des Schwarzwaldes zu finden. Für den Schwarzwald, wie für das restliche Deutschland, fehlen aktuelle Daten über sein Vorkommen, oder werden gerade über das Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ erhoben.

Durch den Klimawandel verändert sich das durch Nadelbäume geprägte Bild des Schwarzwalds und es werden sich gebietsweise Laubbaumarten ausdehnen, während Fichten seltener vorkommen werden. Durch die Veränderung des Lebensraumes werden sowohl die Verfügbarkeit von Ressourcen, wie z.B. Nahrung und Baumhöhlen als Ruheplätze und zur Jungenaufzucht, als auch Interaktionen mit anderen Arten, welche um die gleichen Ressourcen konkurrieren, beeinflusst. Eine dieser Arten ist der konkurrenzstarke Siebenschläfer (Glis glis). Ein sympatrisches Vorkommen beider Arten könnte zu einer starken Konkurrenz um Ressourcen führen und zudem eine Stresssituation für den Gartenschläfer darstellen, ihn damit anfälliger für Parasiten machen und insgesamt seine Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen.

Eine durch den Klimawandel höhere Umgebungstemperatur hat aber auch Konsequenzen für den Energiehaushalt von Kleinsäugern. Für Winterschläfer, wie den Gartenschläfer, könnte dies bedeuten, dass sie während des Winterschlafs ihre Körpertemperatur weniger stark absenken können und mehr Energie verbrauchen, den Winterschlaf früher beenden oder ihn nicht überleben.

Das Überleben einer Art ist also maßgeblich davon abhängig, inwieweit Tiere physiologisch auf sich ändernde Umweltbedingungen, wie z.B. klimatische Bedingungen, Ressourcenverfügbarkeit und Interaktionen mit anderen Arten, reagieren bzw. sich daran anpassen können.

Ziel dieser Studie war es daher, das Vorkommen des Gartenschläfers im Schwarzwald in Abhängigkeit vom Lebensraum zu charakterisieren und die genetische Variabilität der Population vergleichend zu analysieren. Zudem sollte untersucht werden, welchen Einfluss Lebensraum, Konkurrenz und klimatische Parameter auf Ressourcennutzung, Physiologie, Parasitierungsrate, Überleben, Reproduktion und damit auf die Überlebensfähigkeit des Gartenschläfers haben. Dabei wurden diese Untersuchungen vergleichend in unterschiedlichen Lebensräumen, Höhenlagen und Konkurrenzsituationen durchgeführt.

Um das Verbreitungsgebiet des Gartenschläfers im Schwarzwald beurteilen zu können, wurde im Nationalpark Schwarzwald ein flächendeckendes Monitoring mit Spurentunneln durchgeführt. Hier zeigte sich, dass der Gartenschläfer noch flächendeckend vorkommt, wobei die Ergebnisse eines Habitateignungsmodells zeigten, dass präferierte Habitate feuchte strukturreiche Wälder in hohen Lagen sind. In sechs Untersuchungsgebieten wurden Garten- und Siebenschläfer mit Lebendfallen bzw. Nistkästen gefangen, alle Tiere individuell markiert, vermessen, Alter und Geschlecht bestimmt und Kot- und Gewebeproben entnommen. Dadurch konnten grundlegende Informationen zu der Populationsstruktur und -dichte der Bilche erhoben werden.

Die bereits mit den Gewebeproben durchgeführte Mikrosatellitenanalyse zeigte eine hohe genetische Variabilität mit einem hohen Maß an Genfluss zwischen den Untersuchungsgebieten, wobei die Analysen der Proben aus den Jahren 2019 und 2020 noch ausstehen. Die mit den Kotproben durchgeführte Nahrungsanalyse zeigte, dass Insekten, v. a. für juvenile Gartenschläfer, eine essentielle Nahrungsressource darstellen. Siebenschläfer zeigten dagegen eine rein herbivore Ernährungsweise, daher ist nicht davon auszugehen, dass beide Arten in direkter Nahrungskonkurrenz zueinander stehen. Gartenschläfer zeigten eine signifkant höhere Infestationsrate mit Nematoden und einen negativen Einfluss der Nematodenlast das Körpergewicht..

Durch die Untersuchung von Stoffwechselraten zeigte sich, dass in der Reproduktion Gartenschläfer tendenziell einen höheren Energieverbrauch aufweisen. Bei den bisherigen Analysen ließ sich kein Einfluss der Konkurrenz mit dem Siebenschläfer auf den Energieverbrauch der Gartenschläfer feststellen.

Mit Hilfe der Telemetrie konnten Ressourcennutzung und Habitatansprüche in Bezug auf Lebensraum und Konkurrenzbeziehungen charakterisiert werden. Es zeigt sich, dass Gartenschläfer im Median eine Aktionsraumgröße von 2,1 ha haben, wobei in den bisherigen Auswertungen kein Einfluss von Geschlecht, Altersklasse und Konkurrenz mit dem Siebenschläfer  auf die Aktionsraumgröße festgestellt werden konnte. Allerdings stellte sich heraus, dass bereits Waldwege eine Barriere für Gartenschläfer darstellen, welche ungerne überquert werden.

Aus den bisherigen Ergebnissen lässt sich sagen, dass Gartenschläfer noch flächendeckend im NLP Schwarzwald vorkommen. Doch stellt die Barrierewirkung von Waldwegen potentielle Probleme für die Überlebenswahrscheinlichkeit des Gartenschläfers dar, da dadurch Populationen voneinander getrennt und isolieren werden. Die noch ausstehende Untersuchung der genetischen Variabilität aller Proben wird zeigen, wie diese durch die Waldfragmentierung negativ beeinflusst werden könnte. Ein verringerter Genfluss und eine verringerte genetische Variabilität könnten sich negativ auf die Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Umweltbedingungen, wie den Klimawandel, auswirken, was die Überlebensfähigkeit dieser Art negativ beeinflussen könnte.

AZ: 20018/532

Zeitraum

01.07.2018 - 30.09.2021

Institut

Universität Hohenheim
Institut für Zoologie
Fakultät Naturwissenschaften

Betreuer

Dr. Joanna Fietz