Promotionsstipendium: Carmen Eger

Oberflächengebundene Polymerschichten für nachhaltige Materialien: Von der Materialentwicklung über die additive Fertigung bis hin zur nachhaltigen Anwendung

Oberflächengebundene Polymerschichten für nachhaltige Materialien

Ein bedeutsamer Anteil des globalen Energiekonsums kann dem Beheizen und Kühlen von Bauwerken wie zum Beispiel Gewerbeflächen, Fabrik- oder Messehallen zugeschrieben werden. Heutzutage wird zumeist versucht dieses Problem in automatisierter Weise durch Verschattungen zu lösen, indem eine Vielzahl von Motoren diese Verschattungen auf- und zufahren. Hohe Kosten für den Betrieb, Wartungen in regelmäßigen Abständen, hoher Energiekonsum und eine oft zu kurze Lebensdauer sind jedoch Folgen dieses hohen Levels an technischer Komplexität. Dieses Projekt befasst sich mit der Lösung dieses Problems mit einem vollständig anderen Ansatz.

Während die bisher verwendeten Verschattungssysteme die Schwachstelle Fenster abdecken beschäftigt sich dieses Projekt ausschließlich mit der Fassade des Gebäudes. Die Fassade eines Gebäudes hat eine einfache Funktion, das Schützen von Bausubstanz vor der Witterung.

Eine Bewegung, die gewissermaßen automatisch durch die Veränderungen der Umgebungsbedingungen hervorgerufen wird, kann in der Pflanzenwelt bei hygroskopisch angeregten Pflanzenbewegungen beobachtet werden. Als biologisches Vorbild dient der Konifere Zapfen. Bei hoher Feuchtigkeit schützt er seine Samen in dem er sich schließt, während er sich bei niedriger Feuchtigkeit öffnet. Durch diesen Mechanismus gewährleisten die Koniferen Zapfen, dass die Samen bei geeigneten klimatischen Bedingungen durch den Wind großräumig verteilt werden können. Die Schuppen bestehen aus mehreren Lagen, welche unterschiedlich stark quellen und so die Bewegung hervorrufen.

Der Fokus des Projekts liegt auf der Materialentwicklung eines mehrlagigen Systems aus Polymeren, welche durch Quellen und Entquellen eine Bewegung von speziell geformten Blenden ausführen soll.

Die Entwicklung eines solchen Systems ist abhängig von verschiedenen physikalischen Parametern, wie zum Beispiel das Flächenträgheitsmoment, das Biegemoment und die Biegesteifigkeit, welche deshalb bestimmt. Damit die Übersetzung eines biologischen Vorbilds in ein technisches System gelingt wurden die physikalischen Bedingungen unter denen das biologische Vorbild funktioniert, genau bestimmt. Hierbei ist besonders interessant, wie sich das Elastizitätsmodul der verschiedenen Schichten bei der Quellung verändern. Der Quellfaktor und die Wasseraufnahme gehören außerdem zu den Parametern, die die Quellung beeinflussen. Das Verhältnis der Schichtdicken sowie die Orientierung der Fasern enthalten wichtige Informationen für das technische System. All diese Parameter bilden den Rahmen, in dem sich das Pendant bewegen soll und grenzt so auch die Materialauswahl ein. Außerdem konnte zur Klärung der exakten Wasseraufnahme der Schuppen beigetragen werden, was zeitnah publiziert wird.

Zu Beginn der Förderzeit stand ein System im Fokus, welches durch Quellung (Volumenvergrößerung) einer Schicht eine Biegung des gesamten Systems hervorruft. Alle Ergebnisse und Versuche dieses System zu stabilisieren haben jedoch darauf hingedeutet, dass ein System nicht die maximale Auslenkung aufbringt wenn es sich im mechanisch schwächsten Zustand befindet. Eine Änderung der treibenden Kraft zum Trocknen und somit Zusammenziehen der Schicht brachte den Durchbruch zu einem zuverlässigen und justierbaren System, welches sogar Gewichte (bis zu 560 mg) heben kann. Der Bewegungsablauf und die Konditionen unter welchen er abläuft soll in der letzten Förderperiode genauer untersucht werden. Dieses System weißt nun eine Biegung im trockenen Zustand auf, wohingegen das System in feuchter Umgebung gerade ist. Dies entspricht dem exakten Bewegungsmuster der Koniferen Zapfen und kann durch verschiedene zusätzliche Mechanismen zu einer großflächigen Verschattung ergänzt werden. Diese zusätzlichen Mechanismen sollen im letzten Förderzeitraum untersucht und bewertet werden und bringen uns weiter in Richtung autonome adaptive Fassade.

Die Umsetzung des Projekts zu einer sogenannten „smart building skin“ kann laut ESCORP-EU25 Studie von der European Solar Shading Organization zu der Reduktion von bis zu 90% der benötigten zusätzlichen Heizung eines Gebäudes führen und somit den CO2 Ausstoß pro Gebäude um bis zu 80t im Jahr reduzieren. Wenn dieses System großflächig an Gebäuden überall auf der Welt zu finden wäre, würde dies einen gewaltigen Fortschritt in umweltfreundlicher Architektur und in der Energienutzung bedeuten.

AZ: 20018/531

Zeitraum

01.07.2018 - 31.10.2021

Institut

Universität Freiburg Institut für Mikrosystemtechnik Arbeitsgruppe Chemie und Physik von Grenzflächen (CPI)

Betreuer

Prof. Dr. Jürgen Rühe