Auswirkungen von Kupfer als Antifoulingbiozid auf aquatische Organismen im Süßwasser
Kupfer wird seit mehr als einhundert Jahren als Antifoulingbiozid in Anstrichen für Bootsrümpfe eingesetzt. Sowohl durch Kontakt der kupferhaltigen Beschichtungen mit dem umgebenden Wasser als auch durch Reinigungsarbeiten kommt es zu einem relevanten Eintrag des Biozids in Gewässer. Die entstehenden Kupferionen greifen nicht nur Aufwuchsorganismen an, sondern schädigen auch lebenswichtige biologische Funktionen bei Nicht-Zielorganismen. In Deutschland gibt es bisher keine Einschränkungen der Anwendung kupferhaltiger Anstriche, obwohl pro Jahr mehr als 140 Tonnen Kupfer in Antifoulingprodukten für Sportboote eingesetzt werden – dies entspricht fast einem Fünftel des gesamten deutschen Kupfereintrags in Gewässer. Bei einer aktuellen Untersuchung deutscher Sportboothäfen wurde Kupfer in 89% der Fälle im Wasser nachgewiesen, in 20% lag die Konzentration über den lokalen Qualitätsstandards (EQS).
Wenngleich im Gewässermonitoring zumeist nur Wasserkonzentrationen des Metalls betrachtet werden, ist für dessen Auswirkungen auf aquatische Organismen nicht nur die Aufnahme über das Wasser, sondern auch über den Aufwuchs als Nahrungsquelle von Bedeutung, da Kupferionen im Biofilm akkumulieren. Um die Risiken von kupferhaltigen Antifoulingprodukten in Deutschland realistisch einschätzen und bewerten zu können, ist es notwendig die Auswirkungen in einem System zu testen, das beide Expositionspfade abdeckt. Als reiner Grazer ist die Gemeine Kahnschnecke Theodoxus fluviatilis potenziell besonders gegenüber Kupfer aus Antifouling exponiert und wurde daher als Modellorganismus für das Promotionsvorhaben ausgewählt, da bisher keine Effektstudie mit einem reinen Grazer durchgeführt wurde.
Da in Deutschland zwei Formen von T. fluviatilis vorkommen (die heimische mitteleuropäische Form und die eingewanderte Donauform), bietet sich die Möglichkeit, unterschiedliche Sensibilitäten bezüglich Schadstofftoleranzen innerhalb einer Art zu untersuchen. Die Kupfertoleranzen beider Formen von T. fluviatilis sollen vergleichend untersucht werden, um mit den gewonnenen Ergebnissen zur aktuellen Diskussion um die Beachtung innerartlicher Variation bei Testarten in der Monitoringpraxis beizutragen. In einer Freilandstudie werden Populationen der Donauform hinsichtlich ihrer Antworten auf unterschiedlich schadstoffbelastete Standorte verglichen.
Das Hauptziel des Promotionsvorhabens ist, die Auswirkungen von Kupfer auf eine direkt betroffene Art zu untersuchen. Hierfür sollen, neben der Eignungsprüfung von T. fluviatilis als potenziellen Modellorganismus und der Etablierung eines selbst entwickelten Testsystems, folgende Fragen beantwortet werden:
1. a) Welche NOEC- und ECx-Werte lassen sich aus einer Kupferexposition von T. fluviatilis ableiten und wie sind diese hinsichtlich umweltrelevanter Konzentrationen einzuordnen?
1. b) Besteht bezüglich der Sensibilität gegenüber Kupfer eine innerartliche Variation zwischen den beiden Formen?
2. Wo liegt der Hauptaufnahmepfad von in Wasser gelösten Kupferionen in den Organismus T. fluviatilis und welche Organe zeigen physiologische Schädigungen als Antwort auf die Exposition: Kiemen, Verdauungstrakt oder gleichbedeutend?
3. Zeigt die Donauform von T. fluviatilis eine Stresstoleranz an kupferbelasteten Standorten und unterscheiden sich die Populationen zwischen in unterschiedlichem Maße belasteten Standorten?
Die methodische Durchführung des Promotionsvorhabens beinhaltet eine Kupferexposition von Donau- und mitteleuropäischer Form von T. fluviatilis im Labor. In einer Freilandstudie werden Standorte mit Vorkommen der Donauform auf ihre Umweltbedingungen und Schadstoffbelastungen hin analysiert und miteinander verglichen.