Energieeffiziente Gewinnung von biomassebasierten polaren Verbindungen aus Wasser durch Adsorption
Separations- und Reinigungsprozesse spielen eine zentrale Rolle in der chemischen Industrie. Am Beispiel der USA machen Trennungs- und Reinigungsprozesse etwa 10‑15% des gesamten US-Energieverbrauchs aus. Von diesen 10-15% entfallen etwa 80% auf thermische Verfahren wie Destillation und Verdampfung. Für Deutschland kann ein ähnlicher Bedarf angenommen werden. Der hohe Energieverbrauch der thermischen Verfahren hängt einerseits mit der weit verbreiteten Nutzung zusammen, andererseits benötigen die Verfahren vergleichsweise viel Energie, da für die Trennung Wärme benötigt wird. Berücksichtigt man darüber hinaus den notwendigen Wechsel von fossilen zu erneuerbaren Rohstoffen weisen energie-intensive, konventionelle Methoden einen weiteren Nachteil auf. Stoffe, welche aus erneuerbaren Rohstoffen wie Biomasse gewonnen werden, besitzen generell einen höheren Sauerstoffanteil und sind dadurch polarer als aus fossilen Rohstoffen gewonnene Kohlenwasserstoffe. Diese veränderte Zusammensetzung beeinflusst die Stoffeigenschaften. So sind Stoffe, die aus Öl, Kohle und Gas gewonnen werden, in der Regel unpolar und haben niedrige Siedepunkte, weshalb sie mittels thermischer Verfahren vergleichsweise einfach auf- und abgetrennt werden können. Stoffe, die aus Biomasse gewonnen werden, sind hingegen polarer, haben entweder hohe Siedepunkte oder sind thermisch nicht stabil. Weiterhin werden Reaktionen häufig in wässriger Phase durchgeführt. Die Entwicklung alternativer, energie- und materialeffizienter Trennprozesse ist daher entscheidend für den Erfolg nachhaltiger Wertschöpfungsketten.
Phenylboronsäuren weisen Potential für die Entwicklung solcher Prozesse auf, da sie reversibel Ester („eine Verbindung“) mit 1,2-Diolen ausbilden können. 1,2-Diole, wie Monosaccharide und Polyole, sind bereits in einem frühen Stadium der Biomassewertschöpfung wichtige Zwischenprodukte und Intermediate.
Im Rahmen meines Promotionsvorhabens beschäftige ich mich mit der Abtrennung von 1,2-Diolen, die bei der Verarbeitung von Biomasse gewonnen werden, mittels Adsorption („Bindung“) an vernetzte Phenylboronsäure-haltige Polymere. Zu den untersuchten 1,2-Diolen gehören verschiedene kurzkettige Diole, wie Ethylenglykol und 2,3-Butandiol, Polyole, wie Xylitol und Sorbitol, aber auch Monosaccharide, wie Fruktose, Xylose und Arabinose. Insgesamt wurden bislang Adsorptionstests mit 23 verschiedenen Diolen durchgeführt und auf der Grundlage des Sorptionsverhaltens Struktur-Sorptionsbeziehungen erarbeitet. Weiterhin wurde die effektive Desorption („das Lösen“) des gebundenen Diols von den festen Boronsäure-haltigen Polymeren untersucht. In einem nächsten Schritt wurde und wird die Abtrennung gelöster Diole aus realen Reaktionsgemischen betrachtet. Getestet wurde bislang die Fructose-Abtrennung nach Glucose-Fructose-Isomerisierung und die 2,3‑Butandiol-Abtrennung aus einer Fermentationsbrühe. Diese Lösungen enthalten neben der gewünschten 1,2-Diole Nebenprodukte, die die Sorption beeinflussen. Es wurden zudem das Polymerrecycling untersucht sowie verschiedene Charakterisierungs-Methoden mit einem speziellen Fokus auf Festkörper-NMR zur Analyse der Polymereigenschaften und der Sorptionsprozesse durchgeführt. Weiterführende Studien werden sich neben der Untersuchung weiterer realer Systeme insbesondere mit der Materialoptimierung beschäftigen.