Charakterisierung und Modellierung von Degradationsprozessen in PEM-Brennstoffzellen
Brennstoffzellenantriebe bieten enormes Potential, zur Reduktion der globalen CO2-Emissionen des Verkehrssektors beizutragen. Seit Jahren steigt der Marktanteil an Brennstoffzellenfahrzeugen, dennoch sind diese noch nicht konkurrenzfähig mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren. Grund dafür sind hohe Herstellungskosten durch die Verwendung von Platinkatalysatoren sowie ein nicht reversibler Leistungsabfall der Zellen im Laufe des Betriebs (Degradation) und eine damit verbundene kurze Lebensdauer. Gegenstand dieser Promotion ist die Charakterisierung und Modellierung von Degradationsprozessen der Kathodenseite einer PEM-Brennstoffzelle, um zu verstehen, welche Zelleigenschaften und Betriebsbedingungen maßgeblich für den beobachteten Leistungsabfall sind und in der Folge Verbesserungs- und Regelungsansätze zu finden.
Dazu wurden zunächst umfassende beschleunigte Alterungstests an Laborzellen durchgeführt. Der Zelle wurden im Rahmen verschiedener standardisierter Alterungsprotokolle bestimmte Potentiale aufgeprägt, welche Charakteristika einer Autofahrt wie beispielsweise Beschleunigungsvorgänge oder Fahrt bei gleichbleibendem Tempo simulieren. Dies hat morphologische Änderungen der Kathodenstruktur zufolge, so etwa verschiedene Migrationsprozesse der Platin-Katalysatorpartikel oder Korrosion der Kohlenstoff-Trägerstruktur. Mittels der vorgenommenen Experimente wurden solche Degradationsprozesse insbesondere hinsichtlich ihrer gegenseitigen Wechselwirkungen sowie ihrer Abhängigkeit von den angelegten Betriebsbedingungen charakterisiert.
Die gewonnenen Erkenntnisse wurden zur Erstellung eines ganzheitlichen, belastbaren State-of-Health-Modells genutzt. Dieses Modell besteht aus zwei Teilmodellen. Kernelement ist ein Degradationsmodell, das dominierende Degradationsprozesse, deren Interaktion und als Konsequenz die Veränderung der Kathodenmorphologie beschreibt. Zweites Teilmodell ist ein Performancemodell, das weitere Zellkomponenten wie Gasdiffusionsschichten und Membran sowie die äußerlich vorgegebenen Betriebsbedingungen berücksichtigt. Mit letzterem kann in Kombination mit der vom Degradationsmodell berechneten Kathodenstruktur die aktuelle Leistung der Zelle simuliert und direkt mit experimentellen Messungen verglichen werden.
Beide Teilmodelle wurden während der Erstellung und der Kopplung zum State-of-Health-Modell ausgiebig anhand der eigenen Messungen sowie Literaturdaten validiert. Die Simulationsergebnisse des State-of-Health-Modells zeigen, dass das das Modell quantitativ belastbare Vorhersagen des Zellverhaltens für ein breites Spektrum an Betriebsszenarien trifft. In der verbleibenden Promotionszeit soll daher durch geeignete Modellreduktion eine schnelle Berechnung und damit ein Einsatz zur Echtzeit-Diagnose oder Regelung ermöglicht werden.