Evaluation der Effekte waldbaulicher Maßnahmen und des Klimawandels in Tropenwäldern
Die Verbrennung fossiler Energieträger sowie die Degradierung und Abholzung großer Waldflächen führt aufgrund zusätzlicher Freisetzung von Kohlenstoffdioxid (CO2) zu einem Treibhauseffekt. Dieser hat globale Klimaveränderungen zur Folge. Intakte Waldökosysteme binden in ihrer lebenden Biomasse große Mengen Kohlenstoff und wirken dadurch stabilisierend auf das globale Klima. Vor allem hochdiverse Tropenwälder spielen im globalen CO2-Haushalt eine wichtige Rolle, da deren lebender Biomasseanteil etwa die Hälfte der gesamten lebenden Biomasse der Erde ausmacht. In diesem Kontext sind aktuelle Problemfelder: (I.) ein unvollständiges Verständnis der Effekte komplexer, dynamischer Wechselwirkungen verschiedener Umweltfaktoren auf das Waldwachstum von tropischen Waldökosystemen und (II.) unangepasste wirtschaftliche Nutzungsstrategien verschiedener Stakeholder der natürlichen Ressource Holz. Auf deutscher und internationaler Ebene wird anhand spezieller Maßnahmen-Programme versucht, diesen Problemfeldern entgegen zu wirken. Prominente Beispiele sind REDD+ und FSC, die durch leistungsbasierte Zahlungen und Zertifizierungen nachhaltig produzierter Waldprodukte Anreize schaffen, um in tropischen Entwicklungsländern einen Waldumbau zu initialisieren und Waldbestände nachhaltig zu bewirtschaften. Offen bleibt bisher die Frage, inwiefern diese Ziele erreicht werden. Für eine kosten-effektive Umsetzung dieser Programme besteht deshalb ein großer Bedarf an Methodik zur Abschätzung der Effekte der Holznutzung und des Klimawandels auf die Dynamik des Waldwachstums in Tropenwäldern.
Ziel des Promotionsvorhabens ist es, Lösungsansätze für diese Problemfelder zu entwickeln und ein anwendungsbezogenes Werkzeug zur Priorisierung waldbaulicher Managementoptionen im Sinne von REDD+ und FSC zu präsentieren. Mithilfe der prozessorientierten, individuenbasierten Waldmodellierung ist es möglich, die Einflussnahme unterschiedlicher waldbaulicher Maßnahmen und des Klimawandels durch die Simulation des Waldwachstums zu evaluieren. Herausforderungen bestehen zum einen darin, regionale Verteilungen der Biomasse, CO2-Bilanzen und Abholzungsraten tropischer Wälder abzuschätzen, um auf CO2-Emissionen schließen zu können. Zum anderen werden langfristige Effekte verschiedener Managementstrategien der Tropenwälder bewertet, um steuernd einzugreifen, sofern waldbauliche Maßnahmen einen unerwünschten Verlauf nehmen. Zunächst wird das bereits bestehende Waldmodell FORMIND – inklusive Klimamodul – für drei verschiedene Standorte Afrikas und Südamerikas parametrisiert und mit Inventurdaten validiert. Innovativer Kern des Vorhabens ist es, ein Managementmodul für das Waldmodell FORMIND zu entwickeln und so ein Simulationsmodell zu erstellen, das verschiedene Forstmanagementstrategien bezüglich ihrer Effektivität bewertet. Zudem soll eine neue benutzerfreundliche Software als modellbasierte Entscheidungsstützung zur Umsetzung von FSC-Richtlinien entstehen. Seit 20 Jahren werden die komplexen Interaktionen verschiedener ökologischer Prozesse in temperierten und tropischen Wäldern erfolgreich mit dem Waldmodell FORMIND untersucht. In diesem Vorhaben ermöglicht es einerseits eine realitätsnahe Abbildung der Reaktion des Baumwachstums auf Effekte der Holznutzung und des Klimawandels. Andererseits ermöglicht es eine Durchführung gezielter, kontrollierbarer Simulationsexperimente über lange Zeiträume in Szenarien. Dies wird genutzt, um in Rangfolgen die Wirksamkeit der Managementstrategien, auch bezüglich deren Robustheit gegenüber Parameterunsicherheiten im Modell, zu analysieren. Die Bewertung erfolgt mithilfe von Indikatoren: Biomasse, CO2-Bilanz und Ernteertrag. Als Ergebnis des Promotionsvorhabens werden aus den Simulationsexperimenten Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen abgeleitet sowie die programmierten Algorithmen des Managementmoduls aus der Erweiterung FORMINDs zu einer benutzerfreundlichen Software aufbereitet. Diese Software, die Parametrisierungen der Managementstrategien sowie die parametrisierten Waldmodelle sollen quelloffen publiziert werden.
Das Promotionsvorhaben ist als disziplinübergreifendes Projekt angelegt. Daher wurden Anstrengungen unternommen, renommierte Experten aus Bereichen der Ökosystemmodellierung, Physischen Geographie, Tropenwaldökologie und des Forstmanagements in das Projekt einzubinden. Dies gilt ebenso für Projektpartner des FSC, die auf deutscher und internationaler Ebene in die Thematik nachhaltigen Waldbaus involviert sind. Diese zeigen großes Interesse an dem beabsichtigten Management-Tool und unterstützen gerne die Identifizierung anwendungsbezogener Anforderungen zur Umsetzung in einem Softwaretool.