Landwirt – Tier – Gesellschaft
Das Erkenntnisinteresse des Promotionsprojektes besteht darin, mithilfe einer spezifisch kulturwissenschaftlichen Herangehensweise durch qualitativ-leitfadengestützte Interviews mit LandwirtInnen deren Selbstbild, soziale Positionierung sowie Verhältnis zu Umwelt und Nutztieren zu erforschen. Desweiteren wird mit Blick auf die Anwendbarkeit und den gesellschaftsrelevanten Beitrag der Arbeit erfragt, wie sich mögliche Zukunftsszenarien, Problemlösungsstrategien sowie Verhältnisse zu Politik, Verbänden und VerbraucherInnen für die LandwirtInnen darstellen. Das gegenwartsorientierte Forschungsvorhaben verfolgt, wie sich die Ausdifferenzierung des Spannungsverhältnisses aus ökonomischem Druck, Tierrechtskritik und Verbraucheranspruch aus Sicht der landwirtschaftlichen AkteurInnen darstellt, welche Strategien der Selbstverortung stattfinden und wie sich diese verändert haben.
Aufgrund der Brisanz der Debatte um die Zukunft der tierischen Produktion, eines diesbezüglich derzeit stark im Wandel befindlichen Ernährungs- und Verbraucherverhaltens sowie nicht zuletzt zur Generierung einer möglichst homogenen Befragungsgruppe wird bezüglich der Auswahl der InterviewpartnerInnen auf konventionell wirtschaftende Vollerwerbsbetriebe mit Geflügel- oder Schweinehaltung im Bundesland Bayern fokussiert. In den anvisierten 35 mehrstündigen Befragungen sollen sowohl die BetriebsleiterInnen als auch – sofern vorhanden – deren EhepartnerInnen und Angehörige mit in die Interviewsituation einbezogen werden, um gender- und generationenspezifische Aspekte der bäuerlichen Selbstwahrnehmung herausarbeiten zu können. In die Auswertung der Interviews werden ikonografisch-ethnologische Fotoanalysen von selbst erhobenen wie auch von den InterviewpartnerInnen erbetenen Familien- und Hofbildern miteinbezogen. Die Methodik wird zudem durch die Verwendung von Zeitungs- und Medienberichterstattungen über agrarische Themen im Interviewverlauf selbst gestützt, die den LandwirtInnen als Gedächtnis- und Erinnerungsstützen dienen sowie den Redefluss anregen sollen. Dabei sind auch Machtkonstellationen zwischen unterschiedlichen Akteursgruppen aus Politik, Verbänden, Tierschutz und VerbraucherInnen sowie Bewertungen von und eventuelle Abgrenzungen zu biologisch wirtschaftenden LandwirtInnen von Interesse. Zentral sind dabei durch die InterviewpartnerInnen wahrgenommene äußere „Bevormundungen“ ebenso wie stattgefundene Anreize zu Veränderungen der Betriebsstrukturen – also etwa zur Verbesserung von Tierwohlmaßnahmen oder Umsetzung von Umweltschutzvorschriften.