Energiebeiträge zur urbanen Überwärmung
Kurzfassung
Mit der zunehmenden Weltbevölkerung spielen Landnutzungsänderungen (LUC) durch den Menschen, eine immer größere Rolle für das Klimasystem der Erde. Darüber hinaus bewirkt der urbane Lebensraum im Vergleich zum unbebauten Umland stadtklimatische und luftverunreinigende Veränderungen. Insbesondere die Verschlechterung der Luftqualität bei Inversionswetterlagen, sowie die Überwärmung des urbanen Bereichs (durch Energieumverteilungen) können die Gesundheit der Stadtbevölkerung beeinträchtigen.
Die Urbanisierung verändert also nicht nur die Oberfläche, sondern auch die darüber liegende Atmosphäre, wodurch es zu einem veränderten thermischen Klima kommt, bei dem die Stadt gegenüber dem Umland überwärmt ist. Dieses Phänomen wird als „Wärmeinseleffekt“ (Urban Heat Island – UHI) bezeichnet. Im Zuge des Klimawandels wird für Deutschland eine Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Hitzewellen erwartet, sodass der UHI Effekt tendenziell ebenfalls intensiver wird. Von dieser thermischen Belastung sind besonders Kinder und ältere Leute, aber auch Menschen in Stresssituationen (Berufstätige etc.) betroffen. Damit unsere Städte lebenswert bleiben, ist es wichtig, geeignete Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln, die sowohl den Klimaschutz als auch die sich durch Klimaänderungen ergebenden Chancen zu berücksichtigen.
Viele Studien haben sich seit Ende des 19. Jh. mit dem UHI Effekt beschäftigt, in jüngster Zeit vor allem mit seiner Minderung. Allerdings gibt es dabei bis heute kaum verlässliche Angaben über die Größenordnungen der Beitragsterme (Strahlungsbilanz, Konvektionseffizienz, Evapotranspiration, Wärmespeicherung, anthropogen erzeugte Wärme) zur UHI Intensität (Temperaturdifferenz zwischen urbanem und unbebautem Umland). Eine kürzlich erschienene Studie von Zhao et al. (NATURE, 2014) liefert erste Ergebnisse der Quantifizierung der Beiträge für verschiedene Städte in Nordamerika und macht die weiteren Untersuchungen der Beiträge, vor allem auf der kleineren Stadtviertelskala, sehr aktuell.
Darauf aufbauend widmet sich die geplante Promotion folgenden Forschungsfragen:
a) Wie lassen sich die Beitragsterme zur UHI Intensität für einzelne Stadtviertel quantifizieren und wie sieht ihre räumliche Visualisierung (3D, Stadtviertelkarten, ENVI-met) aus?
b) Lassen sich für die betrachteten Teststadtviertel lokale Klimazonen definieren? Ein solches Einteilungsschema wurde, auf noch recht konzeptioneller Basis, von Stewart and Oke (2009, 2012) entwickelt. Es stellt sich die Frage, ob und wie dieses Schema auch für Leipzig anwendbar ist. Wie würden diese lokalen Klimazonen für die Teststadtviertel visuell aussehen? Inwiefern lässt sich das Prinzip der Zerlegung der UHI Intensität in einzelne Beitragsterme mit diesem System verallgemeinern? Es sollen dazu verschiedene andere Städte in lokale Klimazonen eingeteilt und mit Leipzig verglichen werden. Möglicherweise lassen gleiche lokale Klimazonen Rückschlüsse auf gleiche dominierende Beitragsterme zu.
c) Welche Größenordnung hat der anthropogene Beitrag? Dazu sollen umfangreiche Messdaten Leipziger Wohnräume, zusammen mit zwei Gebäudeenergiemodellen genutzt werden.
d) Welchen Einfluss hat Vegetation auf die UHI Intensität? Neue Erkenntnisse von Zhao et al. (NATURE, 2014) deuten an, dass die thermische Wirkung von Vegetation nicht allein, wie bisher angenommen, auf Verdunstung beruht, sondern auch eine konvektive Wirkung hat. Lässt sich dies auch für einzelne Stadtviertel nachweisen?
Die Ergebnisse der Forschungen finden Anwendung bei (1) der Erarbeitung von Klimaschutz- und anpassungsmaßnahmen auf Grundlage von Stadtviertelkarten mit den UHI Intensitätsbeiträgen, (2) der Verifikation des lokalen Klimazonenschemas und der Verallgemeinerung der Ergebnisse aus (1), und (3) der Neubewertung der Bedeutung der Vegetation für das Stadtklima.
Die dadurch neu gewonnenen Erkenntnisse tragen sowohl zum wissenschaftlichen Fortschritt, als auch zur Implementierung praktischer Klimaanpassungsmaßnahmen bei.