Promotionsstipendium: Dr. Judith Puttkammer

Die Politische Ökonomie der Biokraftstoffförderung: Der Einfluss deutscher Interessengruppen auf nationaler und europäischer Ebene

Die Politische Ökonomie der Biokraftstoffförderung

Seit vielen Jahren werden weite Teile der Biokraftstoffförderung von zahlreichen Expertengremien (WGBU, WBA) als ineffizient abgelehnt, vor allem im Hinblick auf die damit verbundenen direkten und indirekten Landnutzungsänderungen und die vergleichsweise hohen CO2-Vermeidungskosten. So ist es erstaunlich, dass die Förderung der Biokraftstoffe dennoch sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene politisch weiterverfolgt und mit klima- und energiepolitischen Zielen begründet wird. Auf dieser Feststellung aufbauend untersucht das Dissertationsprojekt die Interessen- und Akteurslandschaft zur Erklärung der Biokraftstoffpolitik.

Es ist Ziel der Arbeit, eine möglichst detaillierte Analyse der politischen Einflussnahme deutscher Interessenvertreter auf die nationale und europäische Förderungspolitik von Biokraftstoffen zu entwickeln. Die Vermutung, dass es sich dabei um ein sehr heterogenes Akteursfeld handelt, liegt in den Schnittmengen der Thematik mit verschiedensten Politikbereichen begründet. So umfasst die Biokraftstoffpolitik Aspekte der Umwelt-, Klima-, Agrar-, Energie-, Verkehrs-, Ernährungs-, Industrie- und Forschungspolitik.

Angelehnt an die Vorgehensweise der „Grounded Theory“ nach Strauss und Corbin, soll die Analyse mithilfe eines Methodenmixes erfolgen. Zunächst soll eine Diskursanalyse von Printmedien klären, welche Akteure sich wie stark medial Gehör zu verschaffen in der Lage sind und welche Argumente die Debatte dominieren. Dabei soll der Diskurs von seinen Beginnen in den 1990er Jahren bis 2013 analysiert werden, um den Wandel der Akteurskonstellationen sowie deren Argumentation aufzuzeigen und zu bewerten. Nach erfolgter Inhaltsanalyse lassen sich, auf Grundlage des Advocacy-Coalition-Ansatzes, Kategorisierungen sowie Zusammenhänge zwischen den Akteuren herstellen. Die aufgestellten Kategorisierungen dienen im zweiten Schritt der Auswahl der Experten, die im Rahmen von leitfadengestützten Interviews, nach den angewandten Strategien der Einflussnahme auf den Gesetzgebungsprozess befragt werden sollen. Als Interviewpartner sind sowohl Führungspersönlichkeiten auf der Seite der Lobbyisten vorgesehen (z.B. Verbandsvertreter, Public-Affairs Manager beteiligter Konzerne, Consultants), als auch auf Seite der Adressaten des Lobbyings (z.B. Mitarbeiter der Ministerialbürokratie, Parlamentarier).

Das Dissertationsvorhaben stellt eine wichtige Ergänzung zu bereits existierenden ökonomischen und klimatologischen Studien über Biokraftstoffe dar, deren Handlungsempfehlungen die Legislative auf Bundes- und EU-Ebene zweifelsohne mitbestimmen aber ohne die Einbeziehung der Interessenlandschaft keine umfassende Erklärung für politische Entscheidungen abgeben. Die Analyse des Akteursfelds ist außerdem eine wichtige Grundlage für die Ausgestaltung einer zukünftigen Reform der Biokraftstoffpolitik, die nicht nur aus fachlicher Sicht zielführend, sondern auch umsetzbar ist.
 

AZ: 20014/345

Zeitraum

01.12.2014 - 30.11.2017

Institut

Humboldt-Universität zu Berlin Lebenswissenschaftliche Fakultät Albrecht Daniel Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbau Fachgebiet Internationaler Agrarhandel und Entwicklung

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Betreuer

Prof. Dr. Harald Grethe