Promotionsstipendium: Dr. Stefanie Wieck

StSP Chemikalienbewertung: Biozide im Haushalt – Anwendungsmuster und Einträge in das Abwasser

StSP Chemikalienbewertung: Biozide im Haushalt

In der Dissertation wurde untersucht, wie Biozide im Haushalt eingesetzt werden und ins Abwasser gelangen. Ziel war es, die Anwendungen in Haushalten zu identifizieren, von denen die höchsten Umweltbelastungen zu erwarten sind. Dadurch sollen der Umweltpolitik die Handlungsfelder aufgezeigt werden, in denen das Reduktionspotential der Belastungen am größten ist. So können die Bürger durch Informationskampagnen gezielt und besonders wirkungsvoll über Bereiche aufgeklärt werden, in denen der Biozideinsatz reduziert werden sollte, um einen nachhaltigen Einsatz von Bioziden anzustreben. Die Ergebnisse können ebenfalls in die Umweltrisikobewertung der bioziden Wirkstoffe und Produkte einfließen. Sie ermöglichen einen Abgleich der Expositionsbetrachtungen mit realistischen Anwendungen und können so die Umweltrisikobewertung verfeinern.

Biozide sind – ähnlich wie Pflanzenschutzmittel – Chemikalien, die Schädlinge in verschiedener Art und Weise bekämpfen sollen und deshalb aufgrund ihres beabsichtigten Wirkpotentials ein besonderes Risiko für Mensch und Umwelt darstellen können. Während Pflanzenschutzmittel jedoch nur eine Bestimmung haben – den Schutz von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen – umfassen Biozide 22 verschiedene Produktarten und entsprechend diverse Eintragspfade in die Umwelt. Monitoringergebnisse zeigen, dass Biozide auch in Haushalten in relevanten Mengen eingesetzt werden und von dort in die Umwelt gelangen. Die Anwendungsmuster der verschiedenen Produkte in Haushalten sind derzeit jedoch noch unbekannt. Aus diesem Grund können die daraus resultierenden Umweltbelastungen nicht eingeschätzt und keine entsprechenden Emissionsminderungsmaßnahmen umgesetzt werden.

Um diese Kenntnislücke zu beseitigen, wurde im April 2015 zunächst durch eine Befragung ermittelt, wie biozide Wirkstoffe in Haushalten eingesetzt werden. Dafür wurden alle Haushalte eines Wohngebietes eines Dorfes in Schleswig-Holstein kontaktiert und mittels eines standardisierten Fragebogens zu ihren Anwendungsgewohnheiten. Zudem wurde für jeden teilnehmenden Haushalt ein Inventar der vorhandenen Produkte erstellt. Die Auswertungen zeigen, dass ein Großteil der bioziden Wirkstoffe nicht aus Biozid-Produkten ins Abwasser gelangt, sondern aus Körperpflegeprodukten und Wasch- und Reinigungsmitteln. Zudem ist der Kenntnisstand der Anwohner bezüglich „Biozide“ gering.

In einem zweiten Schritt wurde das Abwasser dieses Wohngebietes beprobt und auf die Wirkstoffe untersucht, die bei der Befragung als relevant ermittelt wurden. Die Beprobungen erfolgten im Laufe eines Jahres einmal pro Quartal, um die saisonalen Unterschiede des Biozid-Einsatzes erfassen zu können. Jede dieser vier Probenahmen erfolgte abhängig von den ermittelten Nutzungsgewohnheiten über einen Zeitraum von einer Woche mittels einer entsprechenden Anzahl von 14h-Tagesmischproben. Diese wurden anschließend im Labor analysiert. Dabei wurde eine Multi-Methode verwendet, die 14 biozide Wirkstoffen erfassen kann. In dieser Methode werden die Wirkstoffe zunächst mit einer Festphasenextraktion extrahiert und dann über Hochleistungsflüssigkeitschromatographie in Kopplung mit einem Tandem-Massenspektrometer analysiert. Die Messergebnisse bestätigen, insbesondere in Kombination mit den Ergebnissen aus den Produktinventaren, dass die im Abwasser gemessenen Wirkstoffkonzentrationen nicht nur Biozidprodukte als Quelle haben. Auch Wasch- und Reinigungsmittel und Körperpflegeprodukte sind wichtige Quellen für biozide Wirkstoffe im kommunalen Abwasser. Diese können jedoch nur bedingt innerhalb der europäischen Biozid-Verordnung reguliert werden. Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig ein ganzheitlicher Ansatz bei der Betrachtung von Eintragsquellen von Chemikalien ist und dass eine Betrachtung über regulatorische Grenzen hinweg erfolgen sollte.

AZ: 20014/328

Zeitraum

01.09.2014 - 31.08.2017

Institut

Leuphana Universität Lüneburg Institut für Nachhaltige Chemie und Umweltchemie

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Betreuer

Prof. Dr. Klaus Kümmerer