Elektrodynamische Fragmentierung
Bei der Elektrodynamischen Fragmentierung werden ultrakurze Hochspannungsimpulse zur Aufschlusszerkleinerung von Feststoffen eingesetzt.
Das Probenmaterial befindet sich dabei in einem mit Wasser befüllten Prozessgefäß bei Normbedingungen.
Das Verfahren macht sich materialspezifische Unterschiede in der Durchschlagsfestigkeit einzelner Stoffe zu Nutze.
Bei einer Spannungsanstiegszeit von unter 500 ns schlagen Hochspannungspulse bevorzugt durch Feststoffe und nicht, wie intuitiv zu erwarten, durch das sie umgebende Wasserbad hindurch.
Grund dafür ist die bei solch kurzer Spannungsanstiegszeit höhere Durchschlagsfestigkeit von Wasser gegenüber Feststoffdurchschlägen [1].
Dieser Zusammenhang ist in Abb. 1 dargestellt.
Abb. 1: Grundprinzip der Elektrodynamischen Fragmentierung bei Elektrodenabstand (d). Maximale Spannung (Umax) nach Spannungsanstiegszeit (tUmax) erreicht.
Ein elektrischer Durchschlag führt zur Bildung von dünnen Plasmakanälen mit lokalen Temperaturen von bis zu 10^4 K.
Die sprungartige, thermische Expansion sowie der vakuuminduzierende Zusammenbruch des Plasmas nach einem Hochspannungsimpuls führen zu Druckschwankungen von 10^9 bis 10^10 Pa [1].
Das angelegte elektrische Feld führt zu internen Ladungsverschiebungen, wodurch die nachfolgende Entladung bevorzugt entlang interner Korngrenzen erfolgt.
Neben diesen Polarisationseffekten führen auch unterschiedliche akustische Eigenschaften innerhalb der Feststoffprobe zu einer sortenreinen Auftrennung der Probe durch die ausgelösten Druckschwankungen [2].
Das Verfahren der Elektrodynamischen Fragmentierung (EDF) befindet sich derzeit vor allem in der geologischen Analyse, dem Bergbau und in der High-Tech-Industrie (Silizium-Wafer-Herstellung) in der fortgeschrittenen Markteinführung. Es wurde bisher ausschließlich als Zerkleinerungstechnik eingesetzt.
Mit diesem Promotionsvorhaben sollen weitere Anwendungsmöglchkeiten der EDF zum vollständigeren Recycling von ausgewählten Werkstoffverbunden untersucht werden. Hierzu zählen Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK), Carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) und Dünnschicht Photovoltaikmodule (DPV).
Durch die bereits durchgeführten Versuche konnte das Prozessverständnis der EDF verbessert werden. Darüber hinaus wurde in der Photovoltaik ein Bereich identifiziert, der ein sehr hohes technisches und wirtschaftliches Potential für die Anwendung von Hochspannungsimpulsen zur Verbundtrennung aufweist.
Die bisherigen Ergebnisse weisen auf potentielle Vorteile von EDF gegenüber mechanischer Zerkleinerung beim Recycling von GFK und der Rückgewinnung von Verstärkungsfasern hin.
Die bisherigen Versuche mit GFK konnten zeigen, dass bei der Behandlung von Faserverbund-Kunststoffen mit Glasfaserverstärkung im Vergleich zu einer mechanischen Verbundtrennung die Faser-Matrix-Trennung durch EDF deutlich besser erfolgt. Diesem Vorteil steht zumindest im Labor-Maßstab ein um mindestens einen Faktor von 2,5 höherer Energieverbrauch gegenüber.
Es wird somit empfohlen, weitere Entwicklungsschritte zur Hochskalierung der derzeitigen Laboranlage vorzunehmen.
Die Vorhabens-Teilergebnisse wurden bereits im Rahmen mehrerer Veröffentlichungen sowohl durch die Hochschule Pforzheim als auch durch Dritte kommuniziert.
—————
Quellenangaben:
[1] H. Bluhm. Pulsed Power Systems, Principles and Applications. Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2006.
[2] K. P. van der Wielen. Application of High Voltage Breakage to a Range of Rock Types of Varying Physical Properties, PhD Thesis, University of Exeter, 2013.
Universität Stuttgart
Institut für Grenzflächenverfahrenstechnik und Plasmatechnologie IGVP
Nobelstr. 12
70569 Stuttgart