Herstellung eines Ganzzellbiokatalysators zur umweltfreundlichen Phenylessigsäure-Synthese
Phenylessigsäuren und strukturell verwandte Verbindungen spielen eine äußerst bedeutsame Rolle für die kosmetische und vor allem pharmazeutische Industrie. Neben Wirkstoffen gegen Krebs werden aus diesen Synthesestufen u. a. Virustatika, Penicilline und Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac hergestellt. Aufgrund der vielfältigen Anwendung im pharmazeutischen Bereich steigt der Bedarf an Phenylessigsäuren ebenso wie die Relevanz entsprechender Synthesen für die Umwelt stetig an.
Bisherige, konventionelle Verfahren beruhen u. a. auf der Hydrolyse von Phenylacetonitrilen oder der Carbonylierung von krebserregenden Benzylhalogeniden, was insbesondere erhebliche ökologische Probleme in sich birgt. So ist der Einsatz von teuren Metallkatalysatoren vielfach zwingend notwendig. Darüber hinaus fallen durch den hohen Verbrauch an konzentrierten Säuren große Volumina ökologisch bedenklicher Abwässer an. Diese sowie andere Verfahren zur Phenylessigsäure-Synthese gehen zudem mit einem oft sehr hohen Energieaufwand einher und sind selten selektiv, was die Bildung von teils toxischen Nebenprodukten zur Folge hat. Des Weiteren sind Nitrile, welche ebenfalls zur Synthese von Phenylessigsäuren eingesetzt werden und deren Herstellung durch die Verwendung von Cyaniden und organischen Lösungsmitteln ökologisch sehr bedenklich ist, verhältnismäßig teure Ausgangsstoffe.
Im Vergleich zu den herkömmlichen Syntheseverfahren vermag der Einsatz von geeigneten Enzymen aus dem Metabolismus einiger Bodenbakterien eine umweltfreundliche Alternative darzustellen. Die Styrol-Monooxygenase, Styroloxid-Isomerase und Phenylacetaldehyd-Dehydrogenase (PAD) sind Schlüsselenzyme des aeroben, bakteriellen Styrolabbaus. Sie katalysieren den Umsatz von Styrolen zu Phenylessigsäuren durch initiale Epoxidierung, Isomerisierung des Epoxids und nachfolgende Oxidation des Phenylacetaldehyds teils stereospezifisch und stets selektiv, wodurch es nicht zur Bildung von Nebenprodukten kommt. Einige Vertreter von Styrol-Monooxygenasen und Styroloxid-Isomerasen sind bereits umfangreich charakterisiert worden. Diese Studien zeigen das hohe biotechnologische Potenzial dieser zwei Biokatalysatoren, welche infolge ihres breiten Substratspektrums zur Transformation zahlreicher Styrol- bzw. Styroloxid-Derivate befähigt sind. Eine umfassende Charakterisierung von Phenylacetaldehyd-Dehydrogenasen steht jedoch noch aus.
In einem ersten Projektziel wurden deshalb die Phenylacetaldehyd-Dehydrogenasen aus den Mikroorganismen Escherichia coli K-12, Sphingopyxis fribergensis Kp5.2, Rhodococcus opacus 1CP und Gordonia rubripertincta CWB2 durch Klonierung entsprechender Gene in rekombinante Wirtsorganismen gewonnen. Anschließend wurden bzw. werden diese Enzyme mit Hilfe eines in dieser Arbeit etablierten Enzymtests biochemisch charakterisiert, wodurch ein Überblick über das biotechnologische Potenzial dieser Enzymgruppe ermöglicht bzw. vervollständigt werden soll. Dabei zeigten sich bereits Unterschiede in der maximalen Aktivität, der geeigneten Cosubstrat-Konzentration, dem Substratspektrum, der Langzeit- sowie der Temperaturstabilität der Enzyme aus E. coli K-12 und S. fribergensis Kp5.2. Nach einer umfangreichen Studie zur Expression der PAD aus R. opacus 1CP und G. rubripertincta CWB2 erfolgt derzeit die biochemische Charakterisierung dieser Enzyme.
Zur Etablierung der umweltfreundlichen Phenylessigsäure-Synthese ist nachfolgend geplant, die drei Enzyme des oberen Styrolabbaus auf Trägermaterialien zu immobilisieren und zellfrei einzusetzen. Für die PAD aus E. coli K-12 konnte bereits eine erfolgreiche Immobilisierung durchgeführt werden. Weitere Studien zur Immobilisierung insbesondere anderer Dehydrogenasen sowie einer Styrol-Monooxygenase folgen.