Direkte und indirekte Effekte von eingeschleppten Parasiten auf heimische Miesmuscheln
Im Rahmen des Dissertationsvorhabens sollen in einer interdisziplinären Analyse die direkten und indirekten Effekte von eingeschleppten Parasiten auf heimische Miesmuschelpopulationen untersucht werden. Parasiten kommt eine zentrale Stellung im Gefüge von Artengemeinschaften zu. Sie sind innerhalb von Lebensgemeinschaften zahlenmäßig dominierend und beeinflussen maßgeblich die biologischen Interaktionen zwischen den Arten. Zudem stellen sie als potentielle Krankheitserreger eine Gefahr für Wirtspopulationen dar. Parasiten sind daher wichtige Schlüsselelemente in Ökosystemen und für die Dynamik ganzer Lebensgemeinschaften sowie für die Anpassung von Arten an veränderte Umweltbedingungen und den Erhalt der Biodiversität wesentlich. Die geplanten Untersuchungen des Dissertationsvorhabens sind vor dem Hintergrund künftig zu erwartender Bedrohungen mariner Systeme durch invasive Parasitenarten auf heimische Wirtspopulationen zu sehen. Es ist zu erwarten, dass die Ergebnisse wichtige Erkenntnisse zu den parasitisch gesteuerten Interaktionen sowie der Krankheitsanfälligkeit von Wirtspopulationen liefern werden. Diese Erkenntnisse haben somit eine erhebliche Bedeutung für die Einschätzung zukünftig zu erwartender Umweltszenarien sensibler Naturräume.
Parasitismus beschreibt eine interspezifische Wechselwirkung zwischen Organismen, die dem Parasiten nutzt, während sie dem Wirt schadet. Dieser Schaden setzt sich aus den direkten und indirekten Effekten des Parasiten auf den Wirt zusammen. Vor allem die indirekten Effekte, welche einen wesentlichen Einfluss auf Populationsdynamiken haben können, wurden bisher nur wenig erforscht. Deshalb sollen die vielfältigen Effekte des Wirt-Parasit-Systems im geplanten Dissertationsvorhaben anhand experimenteller Untersuchungen analysiert werden. Das Wissen um die zugrunde liegenden Mechanismen im Parasit-Wirt-System ist für eine naturschutzfachliche Bewertung von Ökosystemen essentiell, da ein vollständiges Bild des Umweltzustandes nur unter Einbezug dieser Daten erhalten werden kann. Als Fallbeispiel für die im Dissertationsvorhaben geplanten Untersuchungen wird der invasive parasitische Copepode Mytilicola intestinalis (Steuer, 1902) herangezogen, der die heimische Miesmuschel Mytilus edulis (Linnaeus, 1758) als Wirt nutzt. M. intestinalis hat einen direkten Lebenszyklus, dadurch können beim Wirt hervorgerufene Veränderungen mittels experimenteller Untersuchungen direkt mit dem Auftreten des Parasiten in Verbindung gebracht werden. Der Ruderfußkrebs M. intestinalis eignet sich methodisch deshalb einzigartig um Parasit-Wirt-Interaktionen zu untersuchen.
Für die geplanten Untersuchungen im Labor sowie im Feld werden verschiedene physiologische, ökologische und molekularbiologische Methoden herangezogen. Im Detail werden Prädationsexperimente mit der Strandkrabbe Carcinus maenas und dem Seestern Asterias rubens auf gesunde und von M. intestinalis infizierte Muscheln durchgeführt. Zudem werden anhand von pathogenen Bakterien Vibrio spp. Untersuchungen zu Sekundärinfektionen bei Muscheln ausgeführt, wenn diese mit M. intestinalis befallen sind. Ein möglicher Klimawandel wird auch die Lebensgemeinschaften von Ökosystemen verändern. In diesem Zusammenhang sind Erkenntnisse aus Wirt-Parasit-Untersuchungen eine essentielle Datengrundlage für Monitoringprogramme, um daraus ableitend nachhaltige Naturschutzmaßnahmen durchführen zu können. Die Ergebnisse der Untersuchungen des Dissertationsvorhabens anhand der ausgewählten Arten M. intestinalis und M. edulis sind (wie vorläufige Ergebnisse zeigen) mit hoher Wahrscheinlichkeit auf andere Arten übertragbar. Derartige Forschungsstudien dienen damit nicht nur als Entscheidungsgrundlage für Umwelt entlastende Maßnahmen, sondern sind auch die Basis für adäquate Lösungen von Umweltproblemen.