StSP Entwicklung von Managementstrategien zur Etablierung von Naturverjüngung der Traubeneiche
Ziel und Überblick des Promotionsvorhabens
Eine erfolgreiche Verjüngung von Eichen ist ohne menschliche Hilfe kaum umzusetzen (BURSCHEL & HUSS 1996), auch wenn es keine Seltenheit ist, wenn einjährige Sämlinge im Wald angetroffen werden (KÜHNE 2004). Dass diese ohne Pflegemaßnahmen oder dergleichen oft ausfallen (d.h. sterben), ist in einigen Untersuchungen bereits dokumentiert (MEYER et al. 2006, WOLF et al. 2005). Wildschäden, die Ausprägung der Begleitvegetation in der Krautschicht sowie die Zusammensetzung der Strauchschicht, sind die maßgeblichen Faktoren, die die Verjüngung beeinflussen und komplex miteinander verwoben sind. Die Begleitvegetation in der Krautschicht wirkt sich besonders auf die Lichtversorgung von Eichensämlingen und vor allem Jungeichen (ELLENBERG 1996, JONES 1959, SIEBEL & BOUWMA 1998) und den Wasserhaushalt des Standortes aus (CATER & BATIC 2006). Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Verbiss von Jungeichen, der hauptsächlich durch Schalenwild verursacht wird (GILL 1992, SENN & HÄSLER 2005). Eine Erforschung der Ursachen des Problems der erfolgreichen Eichennaturverjüngung, sowie die Entwicklung von geeigneten Pflegemaßnahmen zur Förderung des Jungwuchses sind daher von entscheidender Bedeutung.
Um für die DBU-Naturerbeflächen der Oranienbaumer und Kühnauer Heide geeignete Manage-mentmaßnahmen zu entwickeln, soll es das Ziel des Promotionsvorhabens sein, ein individuen-basiertes Modell (IBM) zu erstellen, durch dessen Einsatz als sogenanntes decision support tool (DST) die Wirkung möglicher Managementmaßnahmen vor ihrer Einführung getestet und evaluiert werden können (SIEHOFF 2011, TREMBLAY et al. 2004). Bei der individuen-basierten Modellierung werden individuelle Pflanzen erstellt, die in ihrer abiotischen Umgebung und in ihren Interaktionen mit den Nachbarpflanzen räumlich explizit dargestellt werden. Auf diese Weise soll es möglich sein, für die besonderen Umstände in den Naturerbeflächen eine optimale Managementstrategie für die Verjüngung von Eichen auszuwählen. Für die Entwicklung des Modells bedarf es Kenntnisse über die Prozesse bzw. Hypothesen darüber. Diese können zum einen aus der Literatur gezogen werden und sollen zum anderen durch eigene Feldversuche ergänzt werden, um das Modell optimal an die regionalen Bedingungen anzupassen. In dem besagten Feldversuch sollen auf den Liegenschaften Daten der Begleitvegetation unter dem Einfluss des darüber gelegenen Kronenschirmes eines Nachbarbaumes erfasst werden. Erstmalig soll Naturverjüngung der Traubeneiche in ein Modell dieser Art eingebracht werden. Bislang fehlt die Naturverjüngung in Waldwachstumsmodellen, die individuen-basiert modelliert sind, weitgehend. Dieses Vorhaben wird einen wesentlichen Beitrag zur Klärung leisten, wie eine solche Einbindung von Naturverjüngung in IBMs in Zukunft verbessert werden kann.
Modellaufbau
Das zu entwickelnde Modell soll aus den Entitäten Kiefernoberstand, Eichenverjüngung, Begleitvegetation und Wilddichte bestehen. Die pflanzlichen Entitäten sollen in dem Modell um die Ressourcen Wasser und Licht konkurrieren. Dies macht die Implementierung eigener Submodelle für die Berechnung der Verfügbarkeit beider Ressourcen notwendig.
Die Verfügbarkeit der Ressourcen bildet die Grundlage für die Konkurrenzprozesse im Modell, welche Auswirkungen auf Wachstum und Mortalität der einzelnen Individuen hat (siehe Abbildung). Das Wachstum der einzelnen Entitäten wird durch unterschiedliche Wachstumsfunktionen definiert, welche das optimale Wachstum dieser beschreiben sollen. Aus der Konkurrenzsituation eines jeden Individuums wird dieses Wachstum entsprechend reduziert. Pflanzenspezifische Parameter in den Funktionen sollen die Anpassung an den Standort der DBU-Naturfläche gewährleisten.
In der Modellierung ist es außerdem üblich den Modellen einen Eigennamen zu geben. Für dieses Modell wurde der Name oak-lay gewählt. Der Name setzt sich aus dem englischen Wort für Eiche „oak“ und den ersten drei Buchstaben des englischen Wortes „layer“ zusammen, welches für die Modellierung der Begleitvegetation durch den Schicht-Ansatz nach Brunner (2004) steht und diese damit im Namen repräsentieren soll.
Analysen
Lokale Sensitivitätsanalyse zur Transpiration
Bei einer Sensitivitätsanalyse wird ein bestimmter Output bei sich ändernden Parame-ter- oder Variableneinstellungen betrachtet (RAILSBACK & GRIMM 2012). Die lokale Sensitivitätsanalyse unterscheidet sich von der globalen dadurch, dass die Werteeinstellun-gen nur um wenige Prozent verändert werden. Als Output wurde die Transpiration ausgewählt. Dabei handelt es sich um das Wasser, das aus dem Spross einer Pflanze in die Atmosphäre fließt. Betrachtet wurden bei der Analyse neben der stomatären Leitfä-higkeit und dem LAI auch noch die Höhe der Laubfläche und die Trockenmasse. Wurzeltiefe und –dichte haben dagegen im Modell keinen direkten Einfluss auf die Transpi-ration.
Verändert wurden die Input-Werte um jeweils 5 % nach oben und unten (siehe Tabelle). Es wurde bei einem Versuchslauf jeweils nur der Wert eines Parameters verändert. Abschließend wurde die absolute Veränderung des Outputs notiert. Die Werte S- und S+ geben die relative Veränderung des Outputs wieder. Es zeigt sich bei der Auswertung deutlich, dass die Annahme des Hohen Einflusses von Leitfähigkeit und LAI auf die Transpiration richtig war. Im Vergleich zu den anderen drei Input-Parametern tritt eine deutlich höhere Veränderung des Output-Wertes hervor.
Maximale räumliche Skalierung
Die verwendete Programmiersprache NetLogo und deren Framework ist dafür bekannt nur eine begrenzte Anzahl an Objekten innerhalb einer Simulation laden zu können (WILSENKY). Bei einer zu großen Zahl wird der Arbeitsspeicher überladen und das Framework stürzt ab. Da im oak-lay für jeden simulierten Quadratmeter mindestens ein Objekt für die Begleitvegetation generiert werden muss, ist die räumliche Skalierung in diesem Modell besonders abhängig von der Anzahl der Objekte.
Mehrere Testsimulationen haben ergeben, dass Projektionsflächen von einer Größe über einem Hektar möglich sind. Allerdings wird bei einer solchen Fläche die Rechen-zeit deutlich erhöht. Als Simulationsfläche wurden daher 0,25 ha, also 50 m x 50 m festgelegt. Durch die periodischen Grenzbedingungen des Modells werden Randeffekte weitestgehend minimiert.
Ausblick
Das Modell oak-lay wurde im Vergleich zum Vorjahr um einige Submodelle erweitert. Neben der Vielzahl an Parametern des Wassermodells sind daher noch einige Parameter hinzugekommen, die genaueren Analysen bedürfen. Auch wenn für die einzelnen Modellkomponenten auf etablierte Ansätze zurückgegriffen werden kann, so besteht eine besondere Herausforderung in deren Verknüpfung, um das Modell für die gestellte Zielstellung nutzen zu können.
Beispielsweise wurde das Differenzialgleichungsmodell Hurley-Pasture von THORNLEY (1998) nicht dafür entwickelt, dass verschiedene Entitäten aus einem Ursprungspool Wasser ziehen (THORNLEY 1996, THORNLEY 1991). Durch die mechanistische Bauweise des Hurley-Pasture kann dieses sehr sensitiv auf Parameteränderung reagieren. Eine bisherige lokale Sensitivitätsanalyse hat die Bedeutung wichtiger Pflanzenvariablen für die Feldaufnahmen deutlich gemacht. Über die Auswirkungen von weiteren Parameteränderungen, die auch durch andere Submodelle bewirkt werden können, unter den Umständen des oak-lay ist nichts bekannt. Dies macht eine intensiviere Sensitivitätsanalyse auf globalen Niveau notwendig.
Darüber hinaus werden weitere Analysen notwendig, um das Modell weiter evaluieren zu können. Auch hier ist die große Parameterzahl ausschlaggebend, um Unsicherheitsanalysen durchzuführen. In dieser wird überprüft, wie Unsicherheiten von Parametern Unsicherheit in Modellresultaten verursachen. Abschließend wird das Modell einer Robustheitsanalyse unterzogen. Es werden einzelne Modellteile modifiziert, um zu über-prüfen, ob Ergebnismuster trotzdem reproduziert werden können (RAILSBACK & GRIMM 2012).
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