Klimafolgenanpassung für das Schutzgebietsnetz Natura 2000 mit den Mitteln des Verwaltungsrechts
In Folge des Klimawandels eingetretene oder in Zukunft zu erwartende Veränderungen machen eine Anpassung des Naturschutzes erforderlich, insbesondere auch im Rahmen des Natura 2000-Schutzgebietsnetzes. Das Dissertationsvorhaben soll klären, ob die hierfür notwendigen rechtlichen Maßnahmen bereits nach dem vorhandenen Naturschutzrecht und dem in dessen Regelungsbereich anwendbaren allgemeinen und besonderen Verwaltungsrecht umgesetzt werden können. Dazu wird untersucht, ob und in wie weit sich die Instrumente des allgemeinen Verwaltungsrechts zur Abänderung bestehender Rechtsverhältnisse zugunsten des vom Klimawandel betroffenen europäischen Naturschutzgebietsnetzes einsetzen lassen.
Zunächst wird der tatsächliche Anpassungsbedarf des Naturschutzes unter Rückgriff auf interdisziplinäre Forschungsmethoden und Kooperationen erarbeitet. Als Arbeitshypothese wird davon ausgegangen, dass die Aufgabe des Naturschutzrechts vor allen Dingen in der bedarfsgerechten Erhöhung des Schutzniveaus für Natura 2000-Gebiete liegt, deren Resilienz an den zunehmenden Klimastress anzugleichen ist. Das könnte insbesondere durch die Reduktion nicht-klimawandelbedingter Belastungsfaktoren geschehen: Minderung von Immissionsgrenzwerten für die Industrie, Rückbau von Siedlungen und Infrastrukturen, Nutzungseinschränkungen im Schutzgebiet und in seinem Umfeld, beispielsweise für die Bebauung, die Wassernutzung oder die Landwirtschaft. In besonders schweren Fällen könnte auch eine räumliche Anpassung der Schutzgebiete erforderlich sein. Das könnte noch weitergehende Interessenkonflikte mit anderweitigen Landnutzungen in bislang nicht für den Naturschutz besonders beanspruchten Flächen auslösen.
Im Natura 2000-Recht selbst finden sich hierzu keine speziellen Bestimmungen. Das allgemeine Verwaltungsrecht dient grundsätzlich der Regelung bereichsübergreifender Problemstellungen. Vielfach finden diese Regelungsmodelle Ausdruck im besonderen Umweltrecht, das Konflikte mit den Interessen des Naturschutzes zum Gegenstand hat. Anpassende Maßnahmen können beispielsweise der Widerruf erteilter Genehmigungen oder das Verknüpfen von Zulassungsentscheidungen mit Bedingungen und Auflagen sein. Es ist aber fraglich, ob diese Instrumente des Verwaltungsrechts in ihrer heutigen Form auch für Zwecke eines sich an den Klimawandel anpassenden Naturschutzes geeignet sind.
Ziel der Untersuchung ist es, das vorhandene Flexibilitätspotential in diesem komplexen Regelungsgefüge systematisch darzustellen und nachvollziehbar zu bewerten, um Lücken sowie Lösungsperspektiven aufzeigen zu können. Damit kann am Beispiel des Naturschutzgebietssystems Natura 2000 aufgezeigt werden, in wie weit das Recht selbst angepasst werden muss, um die in Zukunft immer wichtigere Anpassung des Naturschutzes an den Klimawandel zu ermöglichen.