Direkte und indirekte Langzeitauswirkungen invasiver Signalkrebse auf heimische Fischbestände
„Alien species“ – fremde Arten – stellen eine der größten Bedrohungen für die biologische Vielfalt dar. Ein besonders gravierendes Beispiel ist der Nordamerikanische Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus), der in ganz Europa durch seine rasante Massenverbreitung heimische Krebsarten durch Konkurrenz und Übertragung von Krankheiten an den Rand der Ausrottung gedrängt hat. Seine Auswirkungen auf Fischbestände sind jedoch noch weitgehend unklar.
Ziel des Dissertationsprojekts ist es, Einflüsse von Signalkrebsen auf heimische Fischarten zu bestimmen. Dabei sollen insbesondere die fischereilich bedeutsamen Arten Salmo trutta und Salmo salar genauer betrachtet, aber auch Einflüsse des großen Allesfressers auf die gesamte Biozönose erfasst werden.
Im Freiland werden indirekte Auswirkungen auf den Fischbestand beobachtet. Dabei stehen die Effekte des Krebses auf das Gesamtsystem – insbesondere Quantität und Qualität des Makrozoobenthos – im Fokus der Untersuchung. Fisch- und Krebsbestände werden über Elektro-, bzw. Reusenbefischungen kontrolliert und das Fortschreiten der biologischen Invasion über den gesamten Untersuchungszeitraum detailliert beobachtet. Die Verbreitung des Signalkrebses ist an beiden Untersuchungsgewässern innerhalb des ersten Untersuchungsjahres bereits soweit fortgeschritten, dass auch erste Individuen an den zuvor unbesiedelten Stellen gefangen werden konnten.
Bisherige Ergebnisse haben gezeigt, dass der Krebs sich im Jahresverlauf durchaus unterschiedlich auf bestimmte Gruppen des Makrozoobenthos auswirkt, insgesamt jedoch zu starken Einbrüchen führt. Das spiegelte sich auch in den Fischbeständen wieder, wo besonders die Arten, die sich bevorzugt von benthischen Kleinstlebewesen ernähren, mit zunehmener Krebsdichte zurück gingen.
Direkte verhaltensbiologische Auswirkungen von Signalkrebsen auf Salmoniden werden parallel dazu unter Laborbedingungen untersucht. Der Einfluss unterschiedlicher Signalkrebsdichten auf Forellen und Lachse wurde unter Infrarot-Kameraüberwachung in Hälterungsbecken erfasst. Dabei wurden Konkurrenzverhalten um Versteckmöglichkeiten und Nahrung, Prädation und Stressreaktionen als mögliche Faktoren ergründet. In einer weiteren Versuchsphase werden ab Frühjahr 2015 außerdem die verhaltensbiologischen Effekte des heimischen Edelkrebses (Astacus astacus) nach gleichem Prinzip untersucht werden.
Während sich die Wachstumsrate der Fische bislang nicht eindeutig mit der Krebsdichte in Verbindung bringen ließ, zeigte die Auswertung des Videomaterials der ersten Versuchsphase mit Forellen, eine deutliche Versteckkonkurrenz. Wenn Krebse in den Becken anwesend waren, waren die Fische deutlich aktiver und in ihrer Verstecknutzung eingeschränkt, was sie unter natürlichen Bedingungen angreifbarer für Prädatoren macht.