Alternative Kavitationstechnologien im Umweltschutz
Der Eintrag von Pharmazeutika in die Umwelt stellt ein schwer einschätzbares Gefährdungspotential dar. Zwar wird der Eintrag der pharmazeutischen Wirkstoffe in die Umwelt bisher noch nicht als gefährlich für den Menschen betrachtet, da die nachweisbaren Konzentrationen meist unterhalb der akuten Effektkonzentration liegen, allerdings zeigen ökotoxikologische Tests bereits erste Auswirkungen in der Tierwelt, so wurde z. B. eine Verweiblichung einiger Fischpopulationen beobachtet. Der steigende Pharmaka-Konsum und das Fehlen geeigneter Rückhalteverfahren der Kläranlagen geben Grund zur Besorgnis und erfordern die Entwicklung adäquater Verfahren zum verbesserten Abbau von pharmazeutischen Wirkstoffen.
Im Rahmen der Promotionsarbeit soll ein Verfahren entwickelt werden, welches in der Lage ist Arzneimittel in wässrigen Systemen effektiv abzubauen. Als Modellkontaminationen werden das Estrogen 17-Ethinylestradiol (EE2) und das Antibiotikum Sulfamethoxazol (SMX) eingesetzt. Das zu entwickelnde, innovative Verfahren nutzt die oxidativen bzw. pyrolytischen Effekte der Kavitationschemie im wässrigen Medium.
Kavitation beschreibt die Bildung, das Wachstum und den implosiven Kollaps dampfgefüllter Mikroblasen, die Pyrolyse-ähnliche Bedingungen (Temperaturen um die 6000 K und Drücke um die 2000 atm) hervorrufen und so in wässrigen Medien die Bildung von Hydroxylradikalen als oxidative Spezies einleiten. Kavitation kann auf unterschiedliche Weise erzeugt werden. Die wichtigsten Methoden sind hierbei die akustische (AC) und hydrodynamische (HC) Generierung. Durch die Kombination dieser Verfahren als Hydrodynamisch-Akustische-Kavitation (HAC) und Optimierung der verschiedenen einflussreichen Parameter (Frequenz, Leistung, Temperatur, Konzentration u.a.) sollen die bestmöglichen Abbaugrade der pharmazeutischen Modell-kontaminationen erzielt werden.
Hierbei soll ein energieeffizientes Verfahren mit Hilfe einer statistischen Versuchsplanung entwickelt werden, welches keine bzw. nur eine geringe Zugabe an zusätzlichen Oxidationsmitteln benötigt. Eine geplante kontinuierliche Prozessführung soll die Etablierung dieses Verfahrens mittels Scale-Up in der Industrie und Technik begünstigen.
Ein weiterer Schwerpunkt der Promotionsarbeit ist die Untersuchung von Realabwasserproben aus dem Universitätsklinikum Jena und dem Klärwerk des Zweckverbandes der Abwasserentsorgung und Wasserversorgung JenaWasser im HAC-System um erste Schritte in Richtung realer Bedingungen zu machen. Ferner ist die Entwicklung eines Schnelltestverfahrens zur quantitativen Bestimmung der Einzelkontaminationen geplant, da eine zukünftige kommunale Nutzung nur durch eine robuste Prozessanalytik zu realisieren ist.
Die Bearbeitung jeglicher analytischer Fragestellungen wie die Aufklärung der Abbaugrade und -produkte und der Bruttokinetik des Eduktes als Teil dieser Promotionsarbeit wird unter der Betreuung von PD Dr. rer. nat. Rudolf Schneider an der BAM Bundesanstalt für Materialforschung und prüfung in Berlin erfolgen.
Geeignete Rückhalteverfahren zur Verringerung des Pharmaka-Eintrages sind aufgrund des schwer einschätzbaren Gefährdungspotentials als notwendig zum Schutz von Mensch und Umwelt zu betrachten.