Die funktionelle Rolle der Flavonoide in der Frost- und UV-B-Toleranz von Pflanzen
Abiotische Umweltfaktoren beeinflussen das Überleben und die geografische Verbreitung von Wildpflanzen und damit die Artenvielfalt jedes Biotops. Niedrige Temperaturen und Frost sind dabei bedeutende Stressarten, da bei einem Großteil der zur Verfügung stehenden Landmasse die Temperaturen jährlich unter den Gefrierpunkt sinken. Des Weiteren nahm in den letzten Jahrzehnten die Intensität der schädigenden UV-B Strahlung (280-315 nm) auf der Erde zu. Dies ist auf die Verminderung der stratosphärischen Ozonkonzentration durch anthropogene Emissionen zurückzuführen. Pflanzen sind in Grenzen fähig durch Akklimatisierung Frost- bzw. UV-B Strahlung stärker zu widerstehen, wobei die Stärke der Stresstoleranz von der Pflanzenspezies abhängt, aber auch innerhalb einer Art geographisch variieren kann (Ökotypen). In Zuge der globalen Klimaveränderungen, die nicht nur zu einer Klimaerwärmung, sondern auch zu stärkeren Extremen z.B. bei Frosteinbrüchen und Strahlungsintensität führen, wird diese Akklimatisierungsfähigkeit eine große Rolle für die zukünftige Zusammensetzung von Biotopen und die globale Biodiversität spielen. Bisher ist es jedoch kaum möglich, Vorhersagen zur Stresstoleranz von Arten oder Populationen zu machen, da einfach zu bestimmende funktionelle Marker fehlen, die zu einer Klassifizierung verwendet werden könnten. Mehrere Studien konnten belegen, dass Flavonoide, eine Gruppe pflanzlicher Sekundärmetabolite, bei Kältestress in den Blättern akkumulieren und es gibt Indizien dafür, dass Flavonoide eine Rolle in der Frosttoleranz spielen. In dem hier durchgeführten Projekt wird zum ersten Mal untersucht, ob und welche Flavonoide eine Funktion in der Frosttoleranz haben und welche Mechanismen dem zugrunde liegen. Im Gegensatz zur Frosttoleranz ist bei der UV-Toleranz ein Beitrag von Flavonoiden bereits besser belegt. Der genaue Mechanismus und welche Flavonoidgruppen am effektivsten im UV-Schutz sind, ist jedoch ebenfalls unbekannt und soll innerhalb dieses Projektes untersucht werden. Da Frost und UV-B Strahlung zu Membran- und Proteinschäden führen können, soll mithilfe von in vitro und in vivo-Experimenten die Wirkung spezieller Flavonoide auf Membranen und Enzyme unter Stresseinwirkung untersucht werden. Dieses interdisziplinäre Projekt soll neue Einblicke in die ökologischen und molekularen Funktionen einer wichtigen Gruppe pflanzlicher Sekundärmetaboliten geben, denen in der Nahrung gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben werden, deren Bedeutung für die Pflanzen in denen sie natürlich vorkommen aber noch weitgehend unbekannt ist. Die gewonnenen Kenntnisse werden das Grundwissen über die pflanzliche Anpassung an Stress nachhaltig erweitern. Außerdem könnten spezifische Flavonoide als Marker für die Stresstoleranz von Pflanzen dienen und damit Vorhersagen zum Einfluss der globalen Klimaveränderungen auf die Verbreitung von Pflanzenarten unterstützen. Die Untersuchung der Antiaggregations-Aktivität der Flavonoide könnte zudem zu Erkenntnissen führen, die für die Identifizierung von neuen Arzneimitteln auf Pflanzenbasis zur Behandlung und Vorbeugung von neurodegenerativen Krankheiten eingesetzt werden könnte.