Ausbreitung und Etablierung der Europäischen Gottesanbeterin Mantis religiosaDie Europäische Fangschrecke Mantis religiosa, auch Gottesanbeterin genannt, ist eine ursprünglich mediterran verbreitete Art. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts wird sie jedoch auch in Deutschland vermehrt beobachtet. Es wird vermutet, dass sie über die Burgundische Pforte ins südliche Baden-Württemberg eingewandert ist und sich unter der Zunahme von Hitzeperioden im Rahmen des Klimawandels weiter nach Norden ausbreitet. Seit den 90er Jahren findet man so auch stabile Populationen im südlichen Rheinland-Pfalz. Fundmeldungen aus dem Moseltal bei Trier deuten auf eine zweite Einwanderungsroute über Luxemburg nach Deutschland hin. Andere Autoren hingegen vermuten, dass M. religiosa in Deutschland autochthon ist und sich lediglich im Rahmen des Klimawandels wieder weiter ausbreitet. Mantis religiosa ist ein Modellorganismus für xerophile Arten, die sich gegenwärtig unter dem Klimawandel ausbreiten. Ziel meines Promotionsprojektes ist es, die genaue Herkunft, die Ausbreitungsroute, sowie die Faktoren, die die Ausbreitung von M. religiosa in Deutschland begünstigen, zu klären. Hierzu untersuche ich die Habitatpräferenzen von M. religiosa, die für das Vorkommen der Art sowie für die langfristige Persistenz von Populationen ausschlaggebend sind. Dazu zählen die mikroklimatischen Faktoren Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit, sowie lokale räumliche Strukturen (Trockenmauern, Vegetation, etc). Anhand der Vorkommenshäufigkeit von M. religiosa Individuen und Eigelegen (Ootheken) in verschiedenen räumlichen Strukturen meiner Untersuchungsfläche und anhand der Populationsgröße, welche ich in Freilanduntersuchungen über Fang-Markierung-Wiederfang-Versuche feststelle, erstelle ich je ein statistisches Habitatmodell für die adulten Tiere und für die Ootheken. Mit Hilfe dieser Modelle werde ich wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Besiedlung und Reproduktion in einem Lebensraum ermitteln und evaluieren.Zur Aufklärung der Herkunft von M. religiosa und ihrer möglichen Expansion werde ich genetische Verwandtschaftsanalysen mit DNA-Proben von gesammelten Individuen aus der Moselregion, der Pfalz, dem Kaiserstuhl, Ost-Frankreich und Nord-Italien machen. Ergibt sich hieraus, dass der Modellorganismus M. religiosa eine in Deutschland invasive Art aus dem Mittelmeerraum ist, kann ihr bisheriger Ausbreitungsweg rekonstruiert und die Mechanismen ermittelt werden, die die Ausbreitung wärmeliebender Insekten unter dem Klima- und Landschaftswandel in Mitteleuropa im Allgemeinen lenken, um Prognosen für zukünftige Ausbreitungsereignisse erstellen zu können. Zeigen die genetischen Analysen, dass M. religiosa genetisch gesehen ein anderes Taxon ist als die mediterranen Populationen und sie somit in Deutschland autochthon ist, sollte, im Falle eines negativen Einflusses des Klimawandels auf die Fangschrecke, die deutsche M. religiosa zur Erhaltung der genetischen Vielfalt als conservation unit definiert und geschützt werden. Die in dieser Arbeit ermittelten Habitatansprüche von M. religiosa (Freilandarbeit und Habitatmodellierung) werden zur Entwicklung gezielter Schutzkonzepte zur Erhaltung dieser bedrohten Art in Deutschland wesentlich beitragen.