Promotionsstipendium: Dr. Kristina Holl

Untersuchungen zur Auswirkung von Klimaschwankungen auf den Materialverbund an Kunstwerken. Analyse des Schadensrisikos von Kurzzeitschwankungen unter Berücksichtigung des globalen Klimawandels

Klimawirkungen auf den kunsttechnischen MaterialverbundDas kulturelle Erbe ist für unsere Gesellschaft von herausragender Bedeutung. Dieses Erbe ist in naher Zukunft von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Es ist davon auszugehen, dass besonders die häufigeren Wetterwechsel wie sie z. B. in der Alpenregion auftreten werden, die mit großen Temperaturschwankungen und starken Niederschlägen verbunden sind, sich auch auf Kunstwerke in unklimatisierten Innenräumen auswirken werden. Unmittelbar mit dem Klimawandel verbunden sind die Forderungen zur Energieeinsparung auch auf dem Sektor der Museen. Dies führt momentan zu starken Diskussionen hinsichtlich der aktuellen Klimasollwerte. Diese Werte beruhen vielmehr auf der technischen Machbarkeit als auf systematischer Untersuchungen zur Reaktion von Kunstwerken auf klimatische Schwankungen. Um zukünftig richtig und rechtzeitig zu reagieren bzw. präventiv zu agieren, müssen die möglichen Auswirkungen erforscht werden.Die meisten Kunstwerke bestehen aus hygroskopischen Materialien, d. h. sie reagieren auf Änderungen des Raumklimas mit Aufnahme bzw. Abgabe von Feuchtigkeit (Sorption). Das führt dazu, dass sie sich je nach klimatischer Veränderung ausdehnen oder schrumpfen. Kunstwerke bestehen meist nicht aus einem Material, sondern aus einem mehrschichtigen Aufbau unterschiedlicher (organischer) Komponenten. Ein mittelalterliches Tafelbild kann beispielsweise auf dem mit Leim abgesperrten Holzträger eine oder mehrere Grundierungsschichten haben, danach folgt die mehrschichtig aufgetragene Malerei, die mit einem Schutzüberzug (Firnis) versehen ist. Wegen dem materialspezifisch ungleichen Quellverhalten und damit ungleichen Dimensionsänderungen der einzelnen Schichten entstehen Spannungen im Verbund, die zu Rissen und Lockerungen bis hin zum Verlust der originalen Substanz führen können. Abhängig vom Material werden unterschiedliche Werte für relative Feuchtigkeit und Temperatur empfohlen. Die idealen Lagerbedingungen für Metalle zwischen 15 und 40 % rF (Hilbert 2002) sind beispielsweise für gefasste Holzoberflächen zu niedrig. Bei kombinierten Raumausstattungen muss ein Kompromiss gefunden werden, der für alle Materialien akzeptabel ist. Um eine Risikoabschätzung vornehmen zu können, bedarf es der genauen Kenntnis des Materialverbundes und dessen Verhalten bei klimatischen Schwankungen.Generell sollten die Werte für relative Feuchte an den jeweiligen Oberflächen nicht über 70 % rF liegen, da sonst das Risiko mikrobiologischen Befalls hoch ist. Gleichzeitig bewirkt eine hohe relative Feuchte ein starkes Anquellen der Materialien; Glutinleim, der als Bindemittel für Grundierungen und Malerei verwendet wird, verliert beispielweise bei 80% rF seine Klebkraft. Unterhalb von 35 % rF besteht bei organischen Materialien die Gefahr der physikalischen Veränderung, wie z. B. Materialversprödung.Ziel der Arbeit ist es, die Auswirkungen von klimatischen Kurzzeitschwankungen auf Kunstwerke zu erforschen und die aktuellen Vorgaben der Schwankungsbreiten zu prüfen. Dies wird durch die Verbindung von drei unterschiedlichen Herangehensweisen erreicht. Zum einen werden In-Situ-Untersuchungen an unklimatisierter historischer Ausstattung durchgeführt. Zum anderen erfolgen Klimaschrankversuche mit Dummies und gealterten Kunstwerken und die parallele Simulation der Reaktion von Schwankungen der relativen Feuchte an Kunstwerken mittels hygrothermischer Software. Für die Untersuchung vor Ort sind drei Fallstudien ausgewählt: der 2005 neu gefasste und vergoldete Hochaltar in der Filialkirche St. Margaretha in Roggersdorf, die historische Ausstattung im Türkischen Saal im Königshaus am Schachen sowie die Ausstattung der Prunkräume in Schloss Linderhof.

AZ: 20009/044

Zeitraum

01.12.2009 - 31.05.2013

Institut

Doerner Institut Bayerische Staatsgemäldesammlungen

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Betreuer

Prof. Dr. Andreas Burmester