Promotionsstipendium: Dr. Claudia Dupke

Die Raumnutzung des Luchses (Lynx lynx) und sein Einfluss auf das Raumnutzungsverhalten seiner Beute am Beispiel des Rehs (Capreolus capreolus) im Nationalpark Bayerischer Wald

Die Raumnutzung des Luchses und sein Einfluss auf die Raumnutzung seiner Beute am Beispiel des Rehs

Das Bewegungsverhalten von Tieren ist zentral für den Erhalt ökologischer Prozesse.
Durch ihr Streif- und Wanderungsverhalten stabilisieren Tiere insbesondere die Biodiversität, da sie Bindeglied zwischen räumlich ursprünglich getrennten Ressourcen,
Genen und Prozessen sind. Wie und warum Tiere sich auf ihre ganz spezielle Art und Weise im großen wie im kleinen Maßstab bewegen, ist daher von großem Interesse für die Wissenschaft. Dabei gilt es, die komplexen Kausalzusammenhänge der
individuell-internen Bewegungsauslöser einerseits, der externen Umweltfaktoren andererseits, sowie deren Wechselwirkung zu entschlüsseln, die zu den beobachtbaren Pfaden der Tiere führen. Die vorliegende Arbeit ist ein methodischer Beitrag in der Analyse von Bewegunsgdaten von Tieren im Bezug auf die Ortswahl.
In der vorliegenden Arbeit werden verschiedene Ansätze beleuchtet, die die Reaktion
von Tieren auf Umweltfaktoren untersuchen. Dafür wurden Bewegungsdaten aus dem
Nationalpark Bayerischer Wald verwendet, die zwischen 2002 und 2011 erhoben wurden. Für die Analyse von GPS-Daten von Reh (Capreolus capreolus) und Rothirsch
(Cervus elaphus) verwendeten wir konventionelle Methoden wie Resource Selection
Functions, Ansätze anderer Disziplinen wie Multikategorielle Logit Modelle, als auch
neuere Herangehensweisen wie Step Selection Functions und Individuen-basierte Simulationsmodelle. Unser Ziel war es, Ursachen für Veränderlichkeiten im Bewegungsverhalten, speziell der Habitatselektion, zu identifizieren.
Eine wichtige Komponente ist Zeit. Dafür analysierten wir die Auswahl von verschiedenen Habitaten durch Rehe über mehrere räumliche und zeitliche Skalen. Es stellte sich heraus, dass die tageszeitliche und jahreszeitliche Skalen interagieren, wobei sich auf tageszeitlicher Skala die Störung durch den Menschen als größter erkennbarer Einfluss zeigte, während sich auf der jahreszeitlichen Skala der saisonale Verlauf des Pflanzenwachstums stärker widerspiegelte. Neben der zeitlichen Komponente, untersuchten wir den räumlichen Effekt der Verfügbarkeit eines Habitats auf dessen Auswahl, bekannt auch als functional response. Wir zeigen verschiedene Muster von functional response, die tages- und jahreszeitenabhängig sind. Die verschiedenen Muster konnten wir auf einen Trade-off in der Wahl zwischen Nahrung und Deckung zurückführen.
Eine weitere Quelle von Variabilität in der Habitatselektion ist Individualität. Wir präsentieren erstmalig eine statistische Methode, die die Varianz in der Habitatselektion
in Varianz zwischen Individuen einerseits und Varianz innerhalb der Individuen andererseits unterteilt. Wir zeigen, dass das Ortswahlverhalten von Hirschen zu manchen Tageszeiten konsistenter ist als an anderen, sowie dass die untersuchten Tiere sich zu bestimmten Tageszeiten stärker in ihrer Ortswahl unterscheiden als an anderen. Unsere Methode erlaubt es zu quantifizieren, wie variabel Populationen auf schwankende Umwelteinflüsse reagieren und damit wie groß ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ist.

Schließlich wurde ein Modell angewendet, das das Bewegungsverhalten der Tiere in die
Analyse der Orstwahl einfließen lässt. Dieser Ansatz erlaubt nicht nur eine beschreibende
Auswertung der Habitatwahl, sondern ermöglicht zusätzlich eine Bewegungssimulation unter veränderten Rahmenbedingungen. Das ist außerordentlich relevant für Managementmaßnahmen, die im Vornherein evaluiert werden sollen. Grundlegendes Wissen über das Bewegungsverhalten von Tieren ist notwendig, um nachhaltige Maßnahmen in Tier- und Naturschutz sinnvoll zu planen.

AZ: 20008/976

Zeitraum

01.10.2009 - 30.06.2013

Institut

Universität Bayreuth
Fakultät für Biologie, Chemie, Geowissenschaften

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Betreuer

Prof. Dr. Björn Reineking