Standardisierte Klassifizierung funktioneller GruppenDie Konsequenzen menschlicher Aktivitäten auf der Erde führen zu dramatischen Veränderungen in der Struktur biologischer Lebensgemeinschaften. Um diese Veränderungen erkennen und quantifizieren zu können, benötigt man Techniken mit denen sich die Komplexität von Ökosystemen auf die wichtigsten Komponenten reduzieren lässt. Die Einteilung von Arten einer Lebensgemeinschaft in funktionelle Gruppen stellt eine universelle Möglichkeit der Vereinfachung solcher Systeme dar. Die Arten einer funktionellen Gruppe besetzen eine ähnliche ökologische Nische und spielen eine ähnliche Rolle in der Lebensgemeinschaft.Werden alle Arten einer funktionellen Gruppe zugeordnet, lassen sich die wesentlichen Strukturen in Form von Interaktionsnetzwerken funktioneller Gruppen darstellen und verschiedene Systeme vergleichen. Diese Netzwerke bilden dann ein höheres Abstraktionsniveau als die Artebene und ermöglichen es, die wichtigsten funktionellen Strukturen komplexer Lebensgemeinschaften zu erfassen und verschiedene Lebensgemeinschaften artunabhängig zu vergleichen. Im Rahmen des Jena-Experimentes wurden experimentelle Grasländer in verschiedenen Artenmischungen und in verschiedenen Diversitätsstufen angesät. Auf diesen Flächen wurden in den Jahren 2003 und 2005 kontinuierlich oberirdische Arthropoden quantitativ erfasst. Alle Arten wurden anhand ihrer funktionellen Merkmale mit Hilfe multivariater Methoden verschiedenen funktionellen Gruppen zugeordnet.Es wird untersucht, welche Abhängigkeiten einerseits zwischen den verschiedenen funktionellen Gruppen bestehen und andererseits welche Bedeutung Artendiversität, funktionelle Diversität und Gesamtbiomasse der Pflanzen für die verschiedenen funktionellen Gruppen besitzen. Wir können zeigen, dass die Zusammensetzung der pflanzlichen funktionellen Gruppen bei weitem den größten Einfluss auf die Zusammensetzung der Konsumentengruppen besitzt, während der Erklärungswert durch die pflanzliche Artendiversität bzw. funktionelle Diversität fast durchweg relativ gering ist. Generell ist der Einfluss der Leguminosen ausnahmslos für die Zusammensetzung aller Konsumentengruppen von überragender Bedeutung. Die ökologischen Lebensgemeinschaften dieser Flächen werden als Netzwerke interagierender Gruppen dargestellt. Mit Hilfe von partiellen Manteltests werden Interaktionen zwischen den einzelnen funktionellen Gruppen abgeleitet und daraus ökologische Interaktionsnetzwerke erstellt. Diese werden dann für zwei verschiedene Pflanzendiversitätsstufen hinsichtlich struktureller und topologischer Eigenschaften wie Verknüpfungsgrad, Interaktionsdiversität und Interaktionsstärke verglichen. Es zeigen sich in beiden Jahren konsistente Muster: Geringere Pflanzendiversität führt zu einem verringerten Verknüpfungsgrad, insbesondere zwischen den herbivoren und karnivoren funktionellen Gruppen. Auch die mittlere Interaktionsstärke und die Diversität der Interaktionen sind in den Lebensgemeinschaften mit reduzierter Pflanzendiversität deutlich verringert. Die Unterschiede lassen sich nicht allein mit der ebenfalls leicht erhöhten Diversität der Konsumenten erklären. Die Ergebnisse zeigen deutliche Effekte reduzierter Pflanzendiversität auf die Struktur ökologischer Netzwerke mit potentiell negativen Auswirkungen auf die Stabilität. Im Rahmen dieser Arbeit werden taxonomisch vielfältige Arthropoden-Lebensgemeinschaften mit weitgehend objektiven Methoden in funktionelle Gruppen eingeteilt. Die Darstellung von ökologischen Lebensgemeinschaften als interagierende funktionelle Gruppen ist ein vielversprechender Ansatz sowohl im theoretischen Bereich der Biodiversitätsforschung, als auch im angewandten Bereiche wie beispielsweise dem Monitoring von Naturschutzmaßnamen.